Autor: Bernd Hüttner

#Ausstellung: Der blinde Fleck. Kunst in der Kolonialzeit

Einen kritischen Blick auf die Verflechtung von Kunst und Kolonialzeit wirft derzeit – sogar bundesweit beachtet– die Kunsthalle Bremen mit der Ausstellung „Der blinde Fleck“ . Bernd empfiehlt einen Besuch gerade im Bewusstsein aktueller Entwicklungen unbedingt.  Die neue Sonderausstellung in der Kunsthalle Bremen widmet sich der Frage, wie in der historischen Phase der klassischen Moderne dem „Fremden“ begegnet wurde. Sie reflektiert damit auch ausdrücklich die Geschichte der Kunsthalle selbst, denn sie untersucht die Verflechtungen von Kunst, Bremer Importhandel und Mäzenatentum. Die so genannte Kolonialzeit von ca. 1900 bis 1919 ist die Hochphase des 1823 gegründeten Bremer Kunstvereins (die Kunsthalle wird erst 1849 eröffnet), in jener Zeit der Jahrhundertwende kommen heute noch wichtige Werke (Pechstein, Modersohn-Becker, Van Gogh, Gauguin) in den Bestand. Außereuropäische Kunst wird seinerzeit (noch) nicht gesammelt, sieht mensch von japanischen Holzschnitten ab, denen dann in der Sonderausstellung ein eigener Raum gewidmet ist. 1923 werden erstmals Objekte als Kunst – und nicht wie in den Völkerkundemuseen üblich als ethnografische – ausgestellt, sie stammen aus dem Bremer Überseemuseum. Kunst in der Kolonialzeit = Blick aufs …

#Buchtipp: 150 Jahre Design im Überblick

  Thomas Hauffe gibt in seinem kleinen, aber feinen Buch einen Überblick über die Geschichte und die Entwicklung des Designs in Europa und den USA. Er zeigt, wie die geplante Gestaltung von in Serie gefertigten Produkten mit der Industrialisierung beginnt und immer mehr vom Kunsthandwerk zu einer von rationalen Prinzipien, wenn nicht wissenschaftlichen Methoden geleiteten Tätigkeit wird. Bis in die 1950er Jahre hinein wird von „Produktgestaltung“ gesprochen, in der DDR wird bis nahezu ihrem Ende von  „industrieller Formgestaltung“. Zum Ende seines Schnelldurchganges beschreibt Hauffe vergleichsweise ausführlich die aktuelle Situation des Designs, das sich vor allem durch die Digitalisierung sehr verändert hat. Heute und in Zukunft noch viel mehr, werden Kommunikationsprozesse und Interfaces designt, und Design ist integraler, wenn nicht wichtigster Bestandteil der Marke selbst. Design und Gestaltung im Schnelldurchgang Aber zurück zur Geschichte: Hauffe stellt die verschiedenen Phasen und Moden der Gestaltung vor (etwa Historismus, Jugendstil, Bauhaus, Funktionalismus, Postmoderne) und arbeitet deren jeweilige Charakteristika heraus. Es wird deutlich, dass immer mehr Bereiche von der Gestaltung erfasst werden. Sind es zuerst nur Möbel und andere Haushaltsgegenstände, …

#Expressionismus: Maetzel und Maetzel – Künstlerpaar der Moderne

Das Hamburger Ehepaar Dorothea und Emil Maetzel-Johannsen gehört zur zweiten Generation des Expressionismus. Das ist die Generation, die erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges den Hauptteil ihres Tuns realisierte. Das Kunsthaus in Stade zeigt nun über 150 Gemälde, graphische Werke, Fotografien und einige Skulpturen aus dem mehrere Jahrzehnte umfassenden künstlerischen Schaffen dieses bemerkenswerten Paares. Dorothea Johannsen (1886-1930) heiratet Emil Maetzel (1877-1955) im Jahre 1910. Beide sind keine ausgebildeten KünstlerInnen. Emil ist Architekt und seit 1907 bei der Stadt Hamburg verbeamtet; sie hat zwar eine Zeichenschule besucht, ist aber künstlerisch ebenso Autodidakt_in wie ihr späterer Mann. Von 1911 bis 1917 bekommen die beiden vier Kinder. ± Autodidakten zwischen Bürgertum und Bohéme Institutionell prägend sind für die beiden die wichtigen Jahre der 1919 gegründeten Hamburger Sezession, an der sie sehr aktiv beteiligt sind. Dorothea malt in dieser Zeit vor allem Akte und Motive vertrauter Paare (Mann-Frau, Mutter-Kind) und wendet sich ab 1921 vom expressionistischen Gestus ab, während er ihn noch etwas beibehält. Beide gestalten aber auch Stadtansichten, Landschaften und Stillleben und erweisen sich als überaus begabte ZeichnerInnen. …

#Fotografie: Annelise Kretschmer im Modersohn-Becker-Museum

Annelise Kretschmer ist eine der ersten Frauen, die in Deutschland ein eigenes Fotoatelier eröffnen. Sie lebte so, wie sie viele Frauen in der Weimarer Zeit auch porträtiert: Selbstbewusst, nach dem role-model der „neuen Frau“. Das Modersohn-Becker-Museum zeigt rund 80 Originalabzüge von Fotografien der 1903 geborenen Künstlerin. Die in Bremen größtenteils nie gezeigten Vintage Prints spiegeln die nahezu 60 Jahre dauernde Schaffensphase der Künstlerin wider: 1922 beginnt sie ihre fotografische Ausbildung und 1978 erst gibt sie ihr Atelier in Dortmund auf. Kretschmers Mann, der Bildhauer Siegfried Kretschmer kümmerte sich vorrangig um die Kinder – und verstirbt nach 25 Jahren Ehe bereits 1953. Die letzten zwanzig Jahre ihrer Berufstätigkeit wird Kretschmer von der 1940 geborenen Tochter Christiane unterstützt, über die auch die Fotografien der Nachwelt erhalten wurden. Foto-Porträts von Kindern und Prominenten In der Ausstellung sind vor allem Porträts zu sehen: Von ihren eigenen und anderen Kindern, von Bäuerinnen und Bauern aus Worpswede (wo Kretschmers Familie ab 1937 für einige Jahre lebt), von Unbekannten – und von Prominenten aus der Kunstszene rund um das Museum Ostwall in Dortmund. Thomas Linden, der Kretschmer 2003/4 entdeckt …