Noch müssen sie zwei Tage arbeiten, dann erst schließen Frauen in Deutschland finanziell zum Vorjahreslohn der Männer auf. Das heißt, bis zum 20. März, also fast ein Viertel Jahr, arbeiten Frauen quasi für lau. Oder andersrum gesagt – Frauen müssten 22 Prozent mehr Lohn erhalten, damit sie für dieselbe Arbeit auch dasselbe Geld wie Männer verdienen. Damit liegt Deutschland auf einem traurigen Spitzenplatz, die EU-Lohnlücke liegt mit 16,4 Prozent deutlich darunter, Vorreiterländer wie Polen und sogar Italien liegen weit unter 10 Prozent. Darum ist es gut und wichtig, dass es den Equal Pay Day (EPD) gibt, der wenn auch sperrig und mit viel Erklärungsbedarf jedes Jahr an dieser Ungerechtigkeit rüttelt, um eine Gleichbehandlung der Geschlechter bei der Bezahlung herzustellen.
Sogar die Bild am Sonntag rechnet es vor
So langsam kommt das Thema auch im Mainstream an. Doch die Betonung liegt auf langsam. Selbst wenn die Bild am Sonntag gerade am Weltfrauentag vorgerechnet und mit einer Umfrage bei 100 Unternehmen gezeigt hat, dass diese Lohnlücke quer durch viele Berufe besteht und bis zu 37 Prozent reicht – es gibt noch genügend Menschen im Land, die damit kein Problem haben und darin auch kein Problem sehen. Es sei alles selbstgemacht, Frauen verhandeln zu schlecht, Frauen suchen sich die falschen Berufe aus, Frauen haben selbst Schuld, weil sie sich ganz gerne in ihrer Komfortzone Haushalt und Familie verschanzen. Fakt ist aber: Wenn Frauen arbeiten, verdienen sie oft nur 80 Cent im selben Job, wenn ihre Kollegen mit einem Euro nach Hause gehen. Und es trifft nicht nur die Teilzeitkräfte, selbst Frauen in Führungspositionen erwischt die Lohnlücke, belegt der Frauenrat.
Equal Pay Day: Transparenz schaffen!
Es macht Sinn, genauer hinzusehen und zu klären, ob für gleiche Arbeit gleiches Geld gezahlt wird. Klar wo Tarifverträge gelten oder im öffentlichen Dienst, bekommen Frauen und Männer auf derselben Position denselben Lohn. Aber was ist mit „frei“ verhandelten Gehältern oder Bonuszahlungen? Nur noch gut ein Drittel aller Unternehmen bindet sich an Tarife (37 %) , der Anteil der tarifgebundenen Beschäftigen fiel von 82 auf 62 Prozent, wie die Wirtschaftswoche mit Bezug auf eine Studie der Bertelsmann Stiftung berichtet. (Im gleichen Zeitraum, so die Zeitung weiter, sank das Lohnniveau im unteren Fünftel um zwei Prozent. Zu 65 Prozent arbeiten hier Frauen.)
Der Appell und Motto des EPD 2015 geht eindeutig an die Unternehmer und an ihre Personalverantwortlichen, die dafür sorgen können, dass nicht das Geschlecht sondern harte Fakten wie Ausbildung, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Beschäftigungsumfang, Führungsverantwortung etc. den Lohn bestimmen. Die Erfinderinnen des Equal Pay Day, der BPW einer der etwa 60 Frauenverbände in Deutschland, trommelt mit Hilfe etlicher Sozialverbände und Frauenministerin Manuela Schwesig für transparente Vergütungsstrukturen. Deren Hebel ist außerdem das geplante Entgeltgesetz, das den Unternehmen den gerechteren Umgang mit Lohnfestlegung vorschreiben soll.
Bargeld statt Bartgeld: Kleb dir einen!
Bis dahin müssen Frauen weiter auf gerechte Bezahlung verzichten – und mit einer roten Tasche aus dem Haus gehen. Nicht als modisches Statement, sondern als politisches, denn damit weisen Frauen am jeweiligen EPD weltweit auf das Defizit in ihrer Geldbörse hin. Oder sie kleben sich einen (Schnurrbart) an – vielleicht überzeugt das ja beim Gehaltgespräch. So wie der WatchSalon in seiner Aktion zum EPD und im Kurz-Clip vorschlägt. Weitere entlarvende Ideen und Gedankenspiele – wie der Geldautomat einer Schweizer Bank, der am EPD Männern nur 80 Prozent der angeforderten Summe ausspuckte gibt´s auf You Tube, Stichwort Equal Pay Day. Und bei uns:
Der Journalistinnen-Blog WatchSalon hat die Lösung: Kleb dir einen!
Aktion zum EPD 2013 in der Schweiz: Der Bankomat rückt nur 80 Prozent des gewünschten Betrags raus.
So wahr: Szenen aus einem Frauenleben im Comic.
Lesetipp: Unsere Autorin Janina Weinhold hat sich auf ihrem so ihre Gedanken zum Weltfrauentag und Equal Pay Day gemacht: http://www.nebenstories.janinaweinhold.de
Text: Heike Mühldorfer, Grafik: equalpayday.de