
Wohin des Wegs? Jürgen, Sebastian und Stefanie wollen am ersten Tag von St. Andreasberg bis zum Brocken laufen.
Stahlblauer Himmel, angezuckerte Bäume und eine Winterlandschaft wie im Reisekatalog. Für den Testlauf der ersten Winter-Mood-Tour zeigte das Wetter sich im Harz von der besten Seite. Die Teilnehmer erkundeten wandernd, auf Skiern und Schneeschuhen die verschneiten Landschaften.

Wenn Engel Reisen – die verschneiten Landschaften lenken von der Entfernung ab. Noch ist von dem höchsten Berg Mitteldeutschlands nichts zu sehen.

Nicht ohne meine Kamera: Sebastian Burger, Initiator der Mood-Tour, hat an der Hochschule für Künste studiert.
Die Mood-Tour – ins Leben gerufen vom Bremer Sebastian Burger – ist ein bundesweites Aktionsprogramm für einen offeneren Umgang mit der Krankheit Depression. 2012 und im vergangenen Jahr radelten die Teilnehmer auf Tandems durch Deutschland. Einem romantischen Sommercamp gleich wurde in der Natur gecampt, unter Tannen geköchelt und im See gebadet. Das Abenteuer gab den Erkrankten Erfolgserlebnisse und oft auch die Erkenntnis, dass Bewegung ein Kick für die Seele sein kann. „Ein Teilnehmer fragte mich, warum es nicht ein vergleichbares Angebot im Winter gäbe. Gerade das ist die Zeit, in der sich viele Betroffene zurückziehen, weil es auch dunkler ist“, begründet Burger seine Entscheidung, eine Winter-Mood-Tour auszutesten.
Von St. Andreasberg ging es in einer Tagesetappe auf den Brocken – ein knapp 17 Kilometer langer Marsch, der es in sich hatte. „Es war anstrengend, aber der Ausblick war wunderbar und die Fahrt mit der Schmalspurbahn nach Schierke ein tolles Erlebnis“, erzählt Stefanie, Ex-Mood-Tour-Teilnehmerin. Die Darmstädterin leidet seit vielen Jahren unter Depressionen. Durch die Tandemfahrt hat sie gelernt, dass Aktivität ihr gut tut.

Warten auf die Bahn: Es ist noch immer keine Brockenspitze zu sehen, dafür kündigt sich mit einem kurzen Pfeifton die Dampflok der Harzer Schmalspurbahn an.

Das Gleisbett und die schwarze Rauchspur erinnern daran, dass stündlich bis zum Brocken eine Bahn schnauft.

Pünktlich zum Sonnenuntergang erreicht die Gruppe das Ziel. Das Thermometer zeigt zehn Grad unter Null, der Sturm tobt und eisigen Landschaften wirken im Zwielicht bizarr.

Kalte Finger und Füße sind garantiert, wenn man zu lange stehen bleibt. Sebastian riskiert es trotzdem für ein schönes Bild mit der einfahrenden Bahn.
Für Jürgen hielt der winterliche Kurztrip gleich mehrere Highlights bereit: „Für mich war es das erste Mal auf dem Brocken und auf Skiern, ein Erlebnis, das unvergessen bleibt“, bilanziert der Bochumer und ehemalige Mood-Tour-Fahrer. Von Schierke bewegte sich die Gruppe per Langlauf weiter. „Zuerst fühlte ich mich etwas wackelig, aber auch für Ungeübte ist es machbar“, sagt der 54-Jährige, der mit manisch-depressiven Schüben leben muss. Am letzten Tag stand noch eine Schneeschuhwanderung um St. Andreasberg auf dem Programm.
Rückblickend war die Testphase ein Erfolg, findet Burger. „Ich sehe eine Zukunft für die Winter-Mood-Tour – allerdings womöglich als reine Wanderung.“ Der Bremer hat den Harz und seine Vielfältigkeit kennengelernt, er versucht nun die Erfahrungen in ein Konzept umzusetzen. Die Premiere würde voraussichtlich im Januar/Februar 2017 anstehen.

Am zweiten Tag geht es auf die Bretter – ein besonderes Ereignis für alle. Keiner ist bisher je Langlaufen gewesen.

Von wegen unheimlich: Wenn die Sonne aus den Wolken kommt, bringt sie die vereisten Bäume zum Glitzern.
Weitere Infos zur Mood-Tour stehen unter www.mood-tour.de.
Interview mit Sebastian Burger findet ihr hier:
#kreativeBremer: Gemeinsam aus der Depression
Weitere Berichte zur Mood-Tour:
#moodtour: Sechs Tage voller Mut und Muskelkraft, Teil I
#moodtour: Sechs Tage voller Mut und Muskelkraft, Teil II
Text und Fotos: Annica Müllenberg