Als Beitrag zur Veggieday-Debatte stellt dieGlucke heute das Buch von Sarah Wiener vor: Zukunftsmenü – Warum wir die Welt nur mit Genuss retten können.
Der Veggiday also bringt die Nation auf die Palme. „Die Grünen wollen uns das Fleisch verbieten“ – so das berüchtigte Boulevard-Blatt mit den vier Buchstaben. Doch was nicht nur das journalistische Sommerloch, sondern auch den Bundestagswahlkampf für einige Zeit beflügelte, ist ein seit Jahren bekannter Vorschlag, der zu einem Tag pro Woche ohne Fleischkonsum aufruft, konsequenterweise auch ohne Milchprodukte und Initiativen dafür mit öffentlichen Mitteln fördern möchte (Letzteres steht im aktuellen Wahlprogramm der Grünen, kein Wort von „Fleischkonsum verbieten“). Und der Witz dabei: Er greift eigentlich zu kurz!
Achtsamkeit auch beim Essen
Denn es ist nicht nur die Menge an Fleisch, – 87 Kilogramm pro Jahr landen pro Person in deutschen Einkaufskörben –, über die wir uns Gedanken machen müssen. Es geht auch um die Art, wie diese Massen an Rindern, Schweinen und Hühnern leben (müssen), bis sie ihre Schlachtgewicht erreichen. Und dabei stellt sich gleich die Frage, wie auch die anderen Lebensmittel produziert werden und wie wir unser „täglich Brot“ zu uns nehmen. Es geht um die Frage nach unserem „Zukunftsmenü“ und der Nachhaltigkeit beim Essen. Sarah Wiener, eine der wenigen bekannten Spitzenköchinnen kämpft leidenschaftlich für einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln, sieht sich als Botschafterin der frischen, saisonal gebundenen, regionalen Küche, wobei es ihr um weit mehr geht als den guten Geschmack und beantwortet dieses Frage eindeutig: „Wir können die Welt retten – mit Genuss“, sagt sie jetzt in ihrem neuen Buch „Zukunftsmenü“ und plädiert für eine achtsame Esskultur.
Gespräche mit Bäcker, Umweltmediziner, Agrarspezialistin und Fernsehkochkollege Tim Mälzer
Es ist kein Kochbuch, sondern eher eine Stoffsammlung mit vielen Gesprächsprotokollen, die Sarah Wiener zusammenfügt zu einer unterhaltsamen Lektüre, bebildert mit stimmungsvollen Fotos. Sie hat sich mit einem Imkermeister unterhalten, sich mit einem Holzofenbäcker über Sauerteigbrot ausgetauscht, mit einem Tierarzt über moderne Nutztierhaltung gesprochen, sich bei einem Umweltmediziner über Krankmacher im Essen informiert und den Weg der Milch von einem einfachen Grundnahrungsmittel zu einem hochverarbeiteten Industrieprodukt verfolgt. Oder spricht mit Tim Mälzer darüber, warum es besser ist, einfache, wenig aufwändige Rezepte mit hochwertigen Produkten zu kochen, als möglichst viele, raffinierte Gänge für möglichst wenig Geld. Und immer kommentiert sie kritisch und folgert: „Ganze Generationen begeben sich durch ihr Nicht-Wissen in Abhängigkeit zur Nahrungsmittelindustrie mit ihren stark verarbeiteten Speisen und ihrem Einheitsgeschmack.“ Wie sich jede/r selbst aus dieser Abhängigkeit befreiten kann zeigt sie mit praktischen Tipps und Alternativen. Dazu gehört natürlich auch, weniger Fleisch und Wurst zu konsumieren….
Kochen lernen und genussvoll essen
Das sind ihre Tipps: Einen klimafreundlicher Speiseplan mit vorzugsweise pflanzlichen Lebensmitteln, weniger Fleisch, Milchprodukten und Eiern (Veggiday!) aufstellen, Obst und Gemüse nach Saison einkaufen, den Kalender dazu liefert sie gleich mit, und vermeintlich nicht mehr essbare Lebensmittel und Speisereste konsequent weiterverwenden. Sarah Wiener erklärt unter anderem (denjenigen, die´s noch nicht wissen) gängige Biosiegel, den Erzeugercode auf Eiern oder Wissenswertes zu Aromastoffen, gibt Tipps zum regionalen, nachhaltigen Einkauf und verrät einige (wenige) Lieblingsrezepte. Und sie rät dringend dazu, selbst zu kochen und die Mahlzeiten zu einem Fest zu stilisieren. dieGlucke meint: „Zukunftsmenü“ ist ein lesenswertes, unterhaltsames Werk, das Lust darauf macht, sich stärker darauf einzulassen, die Ernährung wieder mehr selbst in die Hand zu nehmen und sich dem Abenteuer Kochen entspannt und auf nachhaltige Weise zu widmen. Und damit einen Beitrag zur Zukunft unserer Erde zu leisten.
Veggiday in 30 Städten der Republik
Übrigens nochmal zum Veggiday: 30 Städte in Deutschland haben die Idee schon aufgegriffen, Bremen war die erste. Seit 2010 werden die BremerInnen – ideell unterstützt von Bürgermeister Böhrnsen – zum fleischlosen Donnerstag animiert, auch in mancher Behördenkantine wird das Angebot adaptiert. Ziel ist es, durch einen geringeren Fleischkonsum die negativen Folgen der landwirtschaftlichen Produktion fürs Klima zu reduzieren. Darüber aber berichtet dieGlucke demnächst noch einmal ausführlicher.
Sarah Wiener, Zukunftsmenü, Riemann Verlag, ISBN: 978-3-570-50150-4, Paperback 19,99 Euro, gibt´s auch als E-Book (14,99 Euro).
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