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Ausstellung: Euthanasie in der Nazizeit

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Euthanasie – ein dunkles Kapitel auch für Bremen. Bilder und berührende Schicksale in der aktuellen Ausstellung im Bremer Rathaus. Foto: Ausstellungsplakat

 

Kranke und behinderte Menschen wurden während der Zeit des Nationalsozialismus erfasst, verfolgt und vernichtet: 400.000 Personen werden ab 1934 zwangsweise sterilisiert, über 200.000 Behinderte und Kranke ab Anfang 1940 ermordet. Eine Ausstellung zeigt bis 6. September in Bremen einzelne Schicksale und die institutionellen Hintergründe – und hinterlässt viele Eindrücke.

Keine Entschädigung für die Opfer

Das rassistische und eugenische Denken der Nazis radikalisierte Ideen, die in der Medizin und Psychiatrie der 1920er Jahre angelegt waren. Dort gab es zwar Reformbestrebungen, die in Richtung „Pflege statt Verwahrung“ wiesen, aber ebenso Theorien von der Reinheit der Rasse und der Bemessung des Werts des einzelnen an seiner Nützlichkeit für die Volksgemeinschaft. Die von der sehr renommierten Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (DGPPN) und der semi-staatlichen Stiftung „Topographie des Terrors“ zusammengestellte Wanderausstellung zeigt den Ablauf der Tötungen, viele wurden direkt in bestimmten Anstalten getötet und anschließend vor Ort verbrannt, sie vermittelt einzelne Schicksale von getöteten Opfern und das Weiterarbeiten von Tätern bis zu ihrer Pensionierung in den 1970er Jahren.

Das Thema wurde bis in die 1990er Jahre verdrängt, in der Öffentlichkeit, aber auch in den Familien, von denen seinerzeit nicht wenige einer Ermordung ihrer Angehörigen mehr oder minder zugestimmt hatten. Andere wurden mit gefälschten Dokumenten desinformiert. Bis heute erhielten und erhalten die Betroffenen keine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz. Für Bremen und Bremerhaven sind derzeit 882 Opfer namentlich bekannt.

Transport in eine ungewisse Zukunft. Foto © Archiv der Stiftung Liebenau

Transport in eine ungewisse Zukunft. Foto © Archiv der Stiftung Liebenau

Ausstellung mit kleinen Schwächen

Die Ausstellung selbst ist ausstellungspädagogisch nicht ganz weit vorne: Sie besteht aus bebilderten Texttafeln und einer Hörstation. Ihr Aufbau erscheint auch auf den zweiten Blick etwa unlogisch. Der Beginn und die dann folgende „richtige“ Reihenfolge der Tafeln erschließt sich dem Besucher jedenfalls nicht zwangsläufig und sie wird nicht gut angezeigt.

Politisch ist es sicher wichtig, dieses Thema in die Öffentlichkeit zu tragen und daran zu erinnern, grade unter jüngeren Jahrgängen. Den Anfang für dieses Erinnern und Aufdecken setzten aber die Betroffenen, die zuerst ihre Scham überwandten, sich dann in Initiativen zusammenschlossen, Unterstützung von einzelnen MedizinerInnen erhielten und: Protest anmeldeten. Dies zeigt die Ausstellung. Damals, Mitte der 1980er Jahre waren viele Täter aus der Medizinbürokratie oder der Justiz, die mit Gutachten gemordet hatten, sehr alt oder tot. Heute ist das Thema entschärft, denn alle Täter sind verstorben, nur ihre Hinterbliebenen profitieren – weiterhin – von ihren stattlichen Pensionen. So sind solche Ausstellungen auch Bestandteil der Imageproduktion von Deutschland als (rot-grünem) Aufarbeitungsweltmeister. Ein Weltmeister, der sich von anderen nicht sagen lassen will, wie er seine Vergangenheit „aufzuarbeiten“ hat.

 

Die Bremer Kulturwissenschaftlerin Gerda Engelbracht hat ein „Erinnerungsbuch für die Opfer der NS-Medizinverbrechen in Bremen“ publiziert (Kleine Schriften des Staatsarchivs Bremen, Heft 53, 252 S., 55 Abbildungen, 19,90 Euro, ISBN 978-3-95494-102-5).

Informationen zum Begleitprogramm (Filme, Vorträge , etc.) der Ausstellung hier auf den Seiten der Kulturambulanz / Gesundheit Nord.

Text: Bernd Hüttner

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