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#Weihnachten: Fest der Terminkalender

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Planungsherausforderung Heiligabend! Vor allem in der Patchworkfamilie. © Foto: Dieter Schütz / pixelio.de

Meistens sind es noch zehn Wochen bis Weihnachten, wenn die erste Frage kommt: „Weißt du schon, wann du Urlaub hast?“. Entweder stelle ich sie oder meine Ex-Frau. Ich lebe seit sechs Jahren getrennt, mit einer verbindlichen, langfristigen, echt hälftigen, stress-armen und harmonischen Kinderbetreuung. Das bedeutet konkret dass meine zwei Kinder eine Woche bei mir und eine Woche bei der Mutter sind. Aktuell haben ich oder wir einen Betreuungsplan bis Ostern 2016. Den brauchen wir beide aus beruflichen Gründen. Wir haben zwei Kinder, und die Tochter hat seit einem Jahr einen festen Freund.

Im Vertrauen sagen einem Angehörige der Generation meiner Eltern, wie gut es doch sei, dass man sich heute trennen könne…. Sicher ist die Gesellschaft heute freiheitlicher und kaum jemand geht mit dem Thema leichtfertig um. Es ist interessant und bietet viele Vorteile, nach einer Trennung dann passende Betreuungsmodelle zu finden, die die Kinder nicht schädigen und das haben wir erfolgreich getan. Das funktioniert. Mich berauscht es oft, dass ich mich vor drei Jahren noch so unsterblich verlieben konnte….. Wenn es dann aber um die konkrete Ausgestaltung von Familienfeiertagen wie Weihnachten geht, wird es unübersichtlich und oft tut es weh.

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Hauptdarsteller im Projekt Weihnachten: der Jahreskalender. © Foto: Simon Schenkel

O du fröhliche Patchworkfamilie

Betrachten wir nun das vor-weihnachtliche Spielfeld. Dort stehen gefühlt drei- bis viereinhalb Patchwork-Familien, die sich, so der subjektive Eindruck, alle in meiner Person überschneiden. Alle wollen irgendwie angemessen Weihnachten begehen.

Wir haben mich und die Ex-Frau, und unsere jeweiligen PartnerInnen. Unsere Kinder. Meine Ex-Frau hat einen leichten Vorteil, denn ihr Partner hat keine Kinder. Meine, nicht in Bremen wohnende Freundin hat zwei Kinder und den Vater der Kinder zu berücksichtigen. Der lebt wiederum in Berlin zusammen mit dem einen Kind. Dass meine Mutter schon seit Wochen, wie jedes Jahr, erfolglos zu einem Winterbesuch in der süddeutschen Heimat eingeladen hat, übergehe ich jetzt einfach. Denn es kompliziert die Situation nur.

Alleine diese Übersicht zeigt schon, dass kein Modell möglich ist, bei dem alle Bedürfnisse berücksichtigt werden könnten. Zu viele Interessen sind im Spiel. Die berechtigten der Großeltern und des Freundes meiner Tochter kämen ja noch hinzu. Das Ganze wird dadurch leicht gehemmt, dass meine Freundin, die ich sehr liebe, sich eher schwer damit tut, in privaten Dingen festzulegen. Sie nennt es „Spontaneität“. Sie findet es normal, dass sie am 24., 25., 27., und 29. Dezember arbeiten muss. Ich finde das nicht. Sie kennt es nicht anders. Ich kann meinen Urlaub frei wählen, die schönste Frau der Welt und die Mutter meiner Kinder können das hingegen nicht.

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Die schönen Moment überwiegen dann doch. © Foto: Andreas Hermsdorf / pixelio.de

Spezialfall: Heiligabend

Für Heiligabend haben wir seit der Trennung folgende problemlose Regelung: Die Kinder sind bis 18 Uhr bei mir und danach bei der Mutter, wo sie dann auch schlafen und dann irgendwann meist am nächsten Tag wiederkommen.

Das bedeutet für mich: Ich habe obwohl ich seit der Trennung immer in Beziehung lebte mehrere Heiligabende mit den wenigen Singles in meinem Freundeskreis verbracht, was meistens sehr schön war, aber halt den Geruch des Notnagels nicht los wird. Habe am ersten Feiertag meine Badewanne geputzt, oder mir im Extremfall am zweiten morgens um halb elf online Filme angesehen. Habe die berechtigte Frage „Papa, warst du gestern Abend nicht einsam?“ meines sehr einfühlsamen Sohne ertragen…. Zumal es sich wegen ein paar Stunden nicht lohnt, zur Freundin zu fahren, und dort oft – das kommt hinzu – der Vater ihrer Kinder anwesend war – zumindest an Heiligabend. Schlussendlich fühlt es sich für mich so an, dass der Sohn meiner Freundin oder die Chefin meiner Ex-Frau stärker darüber bestimmen, wo und mit wem ich die Feiertage verbringe, als ich selbst.

 

Was ist Familie?

Was „Familie“ ist, bildet sich nicht nur, aber eben auch an Weihnachten ab, bzw. ist Weihnachten eben eine Chiffre dafür, wie man zu anderen steht, was sie einem bedeuten. Manchmal sehne ich mich nach mehr Übersichtlichkeit und erinnere mich an früher – als das Thema dann nur zwischen den Eheleuten und den beiden weit entfernten Großelternfamilien ausgehandelt wurde. Meist lief es dann auf weite und anstrengende Reisen mit kleinen Kindern in vollen Zügen hinaus. Wenn geklärt war, wo fährt man und: vor allem wie lange hin. Ich fand das immer auch stressig.

Kommen alle zu ihren Bedürfnissen? Wie es Elmar Krekeler in seiner Rezension des von mir mit sehr gemischten Gefühlen gelesenen Buches „Die Patchwork-Lüge (Hanser Verlag, 2011) schreibt: „Wir haben uns dieses Leben nicht ausgesucht. Es gab keine Alternative“. Aber stimmt das? Der erste Satz schon. Der zweite Satz kann andauernd überprüft werden, zumal Menschen sich verändern. Man muss sicher das Beste aus allem machen. Aber was ist das Beste, und für wen, und wie findet man das heraus? Hat man – selbst jenseits des kritisch zu betrachtenden Selbstoptimierungswahnes – die beste Variante gefunden? Allgemein und auf dieses konkrete Weihnachten bezogen?

Diese Frage wird mir wohl noch öfter begegnen und mich innerlich begleiten, in vielen Momenten. Bis es dann wieder heißt: „Weißt du schon, wann du Urlaub hast?“

 

Text: Bernd Hüttner

 

Wer es zum Thema soziologischer mag und über Weihnachten Zeit zum Lesen hat, der/die lese die Bücher von Eva Illouz. Vor allem „Warum Liebe weh tut“. Darüber, wie der Kapitalismus unser Gefühlsleben verändert. Stichworte: Warengesellschaft, Romantik und Konsum. Erleuchtend!

Foto Kalender: Simon Schenkel. All rights reserved. Foto Heiligabend: Dieter Schütz / pixelio.de