(KT) Zwei überlebensgroße Bronze-Skulpturen stehen seit Kurzem auf dem Bahnhofsvorplatz. „Daphne“ und „Der Morgen oder Hölderlin“ heißen die markanten Plastiken aus der Hand von Markus Lüpertz. Er ist einer der wichtigsten zeitgenössischen Bildhauer in Deutschland. Dass beide Skulpturen für zwei Jahre in der Stadt zu sehen sind, ist einer Bremen Sammlerin zu verdanken, die den Künstler kennt.
Neuinterpretierte Daphne
Lüpertz Daphne aus dem Jahr 2003 ist eine selbstbewusste, körperbetonte Frauengestalt, die mitten im Leben steht. Sie hat eine starke Ausstrahlung. Ganz anders ist es in der griechischen Mythologie. Dort ist Daphne eine Bergnymphe, die vom Gott Apoll mit seiner Liebe verfolgt wird, ihn aber verabscheut. Schließlich entzieht sie sich der Situation und verwandelt sich in einen Lorbeerbaum. Daphne glaubt, nur so ihre Keuschheit bewahren zu können. Apoll trägt fortan einen Lorbeerkranz als Erinnerung an die unerreichbare Geliebte. Ganz anders bei Markus Lüpertz: Seine Daphne ist eine Monumentalskulptur von 3,50 Meter Höhe, die uns eine Frau zeigt, die weiß was sie will. Diese Daphne entscheidet selbst und handelt im Hier und Jetzt. So ist Lüpertz Daphne im Widerstand gegen Apoll erfolgreich. Er symbolisiert diesen Gewinn, indem er ihren Fuß auf Apolls Kopf ruhen lässt.
„Der Morgen oder Hölderlin“
Als einen kulturellen Beitrag Deutschlands für die Olympischen Spiele in London schuf Lüpertz die Skulptur „Hölderlin“ im Jahr 2012. Den Genius des Dichters Hölderlin wollte er zeigen, eine Abstraktion der Persönlichkeit. „Was mich an Hölderlin interessiert ist sein Leben, seine Situation als Außenseiter“, so der Künstler. Diese Figur wirkt im Gegensatz zu „Daphne“ merkwürdig unentschieden. Geht die Gestalt in die Knie oder will sie sich strecken, fragt man sich. Verträumte Augen, etwas Verletzliches im Blick. Diese Figur stellt einen großen Kontrast zur selbstbewussten Daphne dar.
Gesichter erinnern an Blaumeiers Masken
Verblüffend ist, dass die maskenhaften Gesichter der Skulpturen spontane Assoziationen an Blaumeiers Masken wecken. Das Prinzip „Kunst auf Reisen“ gefällt derGlucke ausnehmend gut und sie empfiehlt einen Osterspaziergang zur Besichtigung der Skulpturen. Sie sind ein sehenswertes Ziel!
Fotos: Kirsten Tiedemann