Dort wo sich heute gähnende Leere langsam mit Menschen und ihren Projektideen füllt, hat vor knapp 130 Jahren mit der Gründung der Bremer Wollkämmerei ein wichtiges Kapitel für Blumenthal im Bremer Norden als Industriestadt begonnen. Von den sieben wichtigsten Bremer Wollhändern als Aktiengesellschaft gegründet, entwickelte sich die Wollkämmerei über die Jahrzehnte zum stadtbestimmenden wichtigsten Arbeitgeber, der in seiner Hochphase bis zu 5.000 Mitarbeiter beschäftigte. „Wenn es in Blumenthal nach Wolle riecht“ – nennt sich die Ausstellung des Fördervereins Kämmereimuseum Blumenthal, die im Palast der Produktion täglich zu besichtigen ist. Vereinsvorsitzender Detlef Gorn erinnert sich gut an diesen Ausspruch seines Vaters, der weiter heißt: „.., dann geht es den Blumenthalern gut.“ Zumindest wirtschaftlich gesehen, die Fotos und Dokumente transportieren auch, dass die Arbeit in der Wollkämmerei kein Zuckerschlecken war.
Den Gesichtern einen Namen geben
Tatsächlich riecht es in den Ausstellungräumen stark nach Wolle, liegt dort auch Schafwolle en masse, als ganzes Vlies und in einigen Verarbeitungsstufen, aufbewahrt in original Körben. Großformatige Fotos lassen die Stimmung in der Wollkämmerei wieder aufleben, kleine Filme und Videosequenzen geben Einblick in die Geschichte der BWK. Der Verein hat schon begonnen, den Menschen auf den Fotos ihre Namen und Geschichten zuzuordnen und baut darauf, dass sich durch die Ausstellung weitere Zeitzeugen finden, die ihre Geschichten mitbringen. Im Zeitzeugen-Café wird es sonntags zwei Mal Gelegenheit geben, den Bogen in die Vergangenheit zu schlagen, zum ersten Mal am 17. Juni um 15 Uhr. Den Bogen zum Jetzt schlägt der Verein mit Führungen über das riesige Areal der Wollkämmerei, das mit 500.000 Quadratmeter größer als der Vatikan ist, die erste war am 17. Juni 2012.
Die Bedeutung der Wollkämmerei für die Entwicklung Blumenthals ist enorm und noch heute gut zu erkennen: Die damals erbauten Werks-Wohnungen für die schnell wachsende Arbeiterschaft sind noch heute prägend für Blumenthal. Die Bremer Wollkämmerei sorgte auch für Fortschritt in Blumenthal: unterstützte den Bau von Schulen und von Kirchen in Blumenthal, den Bau des Kreiskrankenhauses und sorgte für die 1885 eingeführte Straßenbeleuchtung sowie den 1888 fertig gestellten Bahnanschluss. Bis 2009 reicht die Geschichte der Wollkämmerei, als die dann letzte produzierende deutsche Wollkämmerei ihren Betrieb schloss.
Ausstellung geöffnet bis zum 15. Juli täglich von 12 bis 18 Uhr, nächste Führung am Freitag, 22. Juni 2012 um 14 Uhr, nächstes Zeitzeugen-Café am Sonntag, 8. Juli 2012 um 15 Uhr
Weitere Termine hier im dieGlucke-Veranstaltungskalender.
Fotos alle zur Verfügung gestellt und mit © Förderkreis Wollkämmerei Blumenthal e.V.
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