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Buchtipps zum Weltbuchtag: Drei starke Frauen

Alle Welt spricht heute vom Buch, dieGlucke schließt sich an und stellt drei Autorinnen mit ihren aktuellen Werken vor. 1 x amüsantes Comic zum ernsten Thema, 1 x Sachbuch über   Bienen in der Stadt und 1 x Pulitzer-prämierte Literatur.

Cancer Woman, von Marisa Acocella Marchetto im Atrium Verlag

Diagnose Brustkrebs, damit wird die in Amerika bekannte und erfolgreiche Illustratorin Marisa Acocella Marchetto drei Wochen vor ihrer Hochzeit konfrontiert – im Alter von 43 Jahren. Ihr bis dahin sorgenfreies Upper-class-Leben in New York, in der die größte Sorge der nächsten It-Tasche oder dem Platz am besten Tisch im angesagtesten Restaurant gilt,  verändert sich auf einen Schlag. Sie entscheidet sich, den Kampf gegen die Krankheit aufzunehmen und ihre Ängste, Hoffnungen sowie den Verlauf der Behandlungen als Teil ihres Lebens anzunehmen und in Comic-Form aufzuzeichnen und aufzuschreiben. Sie erzählt schonungslos über existenzielle Ängste als Freelancer in Amerika ohne ausreichenden Versicherungsschutz, thematisiert die Furcht, von der Krankheit besiegt oder vom Verlobten verlassen zu werden und zeichnet die tragikomischen und auch die hässlichen Momente der Behandlung – knallbunt und überspitzt. Ihre Geschichten sind immer bewegend, informativ und witzig, auch oder gerade, weil die Illustratorin zwar ihre Haltung zum Leben und ihren Lebensstil verändert, doch in einem ihrem alten Ich treu bleibt: Ihr Schuh-Tick begleitet sie auch weiterhin und hilft ihr bei der Bewältigung der harten Realität, ganz nach dem Motto: „Welche High-Heels trägt frau zur nächsten Chemo?“ So entsteht eine mutige und verblüffende Graphic Novel voller Lebenslust und vielen Informationen über die Krankheit Brustkrebs, die sogar vom British Medical Journal als Pflichtlektüre empfohlen wird. Mehr Infos zur Autorin/Illustratorin hier.

Stadtbienen von Erika Mayr, Knaur Verlag

Wenn eine Großstadt-Imkerin erzählt, dann geht es um Bienen, Stadtbienen genauer gesagt. Die sind meist friedlicher als Landbienen (sagt der Imkerverband) und profitieren bei ihrer Arbeit vom vielfältigen Nektarangebot ganz ohne Pestizide. Wenn Erika Mayr, Imkerin in Berlin erzählt, gibt es auch skurile Geschichten, von verirrten (Bienen-)Völkern, die sie vom Abgeordnetenhaus abholt, acht Großvätern aus dem Imker-Verein, schwärmenden Bienen und verängstigten Nachbarn. Imkerin Erika Mayr hält mitten im Berliner Kreuzberg drei Bienenvölker mit insgesamt über 100.000 Bienen auf einem Hausdach, etwa 25 Kilogramm Honig pro Jahr beträgt die Ausbeute. Die als oberbayerisches Landkind aufgewachsene Imkerin, verwirklicht mit ihrer Leidenschaft für die faszinierenden Honigsammlerinnen auch die Sehnsucht nach dem Landleben, und hat in ihrem Buch „Stadtbienen“ viele Sachinformationen über das Imkern,  Philosophisches und Biographisches aufgeschrieben. Eine gute Mischung also, fast wie der Honig ihrer fleißigen Untermieterinnen, den es auch zu kaufen gibt. Mehr Infos zur Autorin hier.

 

Der größere Teil der Welt von Jennifer Egan, Atrium Verlag

Jennifer Egans fünftes Buch ist eines der herausragenden Bücher der Saison, hat 2011 den Pulitzer-Preis (und andere Preise) erhalten und viele lobende Kritiken. dieGlucke hat es in Rekordzeit durchgelesen und möchte es dringend empfehlen. Mit ihrem fulminanten Erzählstil, der die ganze Bandbreite literarischer Möglichkeiten abbildet, begleitet die Autorin ihre Charaktere in großen zeitlichen Abständen und ganz und gar nicht chronologisch durch Jahrzehnte ihres Lebens im Amerika seit der Hippie-Zeit bis in die nahe Zukunft. Die Menschen im Roman sind selten Gewinner, ihre Schicksale zum Teil tragisch bis tragikomisch, aber immer sehr glaubwürdig. Alle Protagonisten der 13 Episoden sind miteinander verbunden, manchmal ohne es zu wissen. Wer gerade Hauptperson ist, taucht vielleicht in der Buchmitte als Nebencharakter auf, manche die gerade noch im Nebensatz erwähnt wurde, erhält ihr eigenes Kapitel. Das Buch zu lesen hat viel von einem Ratespiel, wem die nächste Story gewidmet sein wird, in welcher Zeit sie gerade spielt und welche Stilübung die Autorin sich verordnet. Denn jede Episode passt sich in Schreibstil und Stimmung der jeweiligen Hauptperson an und einige Kapitel halten auch avantgardistische Spielereien bereit, wie ein Kapitel im abgehackten SMS-Stil oder als Power-Point-Präsentation einer Jugendlichen (was aber durchaus funktioniert). Nach knapp 400 Seiten endet ein dicht gewobenes Erzählstück über vielschichtige Charaktere und mit viel Information über die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung in Amerika, so kurzweilig und amüsant, dass die Lust, es noch mal zu lesen, sehr groß ist. Mehr Infos zur Autorin hier.