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#Upcycling: Gebrauchtmöbel statt Retro-Look

Vor 25 Jahren stand in fast jedem Klassenzimmer ein Lehrerpult mit Stil. Dieses Möbelstück mit seinen Stauraum-Unterschränkchen und Fächern war schon damals nicht mehr funkelnagelneu. Unzählige Schülergenerationen haben ihm damals keinen Respekt gezollt – heute ist das Pult ein begehrtes Retro-Möbelstück. Zu finden ist so ein Pult aus den 1960er oder 70er-Jahren zum Beispiel bei Wedderbruuk in der City – oder mit etwas mehr Glück – bei Schwarz-Gelb in Bremen-Oberneuland und bei Antikes & Kurioses in Lilienthal. Diese Adressen kommen bei Hausentrümpelungen oder von privat an Vintagemöbel – die nicht automatisch sperrmüllreif sind.

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Schöne Schreibtische und Sideboards aus den 1950ern und 60ern bei: Wedderbruuk. Foto: Janina Weinhold

Vintage-Möbel schon aufpoliert

Wedderbruuk (plattdeutsch für „wiedergebraucht“) am Llyodhof dürfte ein kleines Paradies für Vintagemöbel-Fans sein. Was heute unter skandinavischem Retro-Chic läuft, steht hier wieder aufgehübscht im Laden. Zwischen Vintage und echtem Design-Klassiker warten hier Schreibtischpulte, Sitzmöbel, Schränkchen und Schrankwände auf Freunde. Hinter den schönen Möbelstücken stecken drei junge engagierte Vintage-Möbelfans mit dem Motto „Wir retten Sachen davor, weggeworfen zu werden“. Vor zweieinhalb Jahren sind Frederik (Grafikdesigner), Sandra (Produktdesignerin) und Tillmann (Stadtentwickler und Geograf) über die Zwischenzeitzentrale in den Llyodhof eingezogen und kaufen seitdem bei Haushaltsauflösungen von Bremern und im Umland Möbel an, damit die noch reparierbaren Originalstücke nicht im Müllcontainer landen. Im Schnitt kommen jede Woche neue Stücke rein. Nicht alles was im Laden steht, ist auf der Webseite zu finden.

In ihrem Möbelladen haben die Drei im hinteren Teil eine Werkstatt integriert, wo sie ihre angekauften Gebrauchtmöbel fit machen. Schrammen in den Möbelstücken polieren sie hier auf, lockere Tisch und Stuhlbeine werden wieder neu geleimt. Ihre Reparieren-Tipps lest ihr demnächst hier im Anfänger-1×1 für Gebrauchtmöbelfans.

Zwischen antiken Bauernschränken und 70er Nährschränkchen

Zu Besuch bei Antikes & Kurioses

Zu Besuch bei Antikes & Kurioses

Nur einen Fahrradtrip aus Bremen raus, lässt sich das ganze Jahr über bei Flohmarkt-Flair stöbern. Bei Antikes & Kurioses in Lilienthal findet sich alles von alten Bauernschränken, antiken Vertikos, 80er-Jahre-Kuriositäten, wie Bandmaschinen, Leuchter und Co. Der Gebrauchtwaren- und Antiquitäten-Laden unterteilt sich in ein Hauptgeschäft und eine Lagerhalle, etwas weiter hinten im Lilienthaler Gewerbegebiet.

In der Lagerverkaufshalle können 70er-Jahre Fans auch Glück haben. Mitunter haben die Furniers und Holzoberfläche allerdings Gebrauchtspuren. Ausflugsalternativen für Möbelfans sind daneben „Gelb Schwarz“ in Bremen-Oberneuland und die „Gebraucht Möbel Zentrale“ in der Bahnhofsvorstadt. Bei Gelb Schwarz stapeln sich Hübsches, Hässliches und Kurioses wild durchmischt bis unter die Decke und auf dem Dachboden. Die Gebraucht Möbel Zentrale hat je nach Timing eher den Charme einer Garage. Für alle Adressen gilt: Etwas Glück gehört dazu.

Gebraucht und gut – statt Schrott

Wer gebrauchte Fundstücke kauft und mit nach Hause nimmt, handelt immerhin legal. Bei den Gebrauchtmöbel-Läden stammen alle Stücke von Haushaltsauflösungen und Entrümpelungen. Die Sperrmüll-Mafia hat es eher auf den Elektroschrott an Bremer Straßenrändern abgesehen, weiß Mareike Sturm, Expertin für kommunale Abfallwirtschaft beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr. Im letzten Jahr hat sich immerhin 13.680 Tonnen Sperrmüll an Bremens Straßen gestapelt – ohne Elektrogeräte. Alte Teppiche, Matratzen und alte Möbel. Insgesamt (mit den Recycling-Stationen) wog der Bremer Sperrmüllberg 21.495 Tonnen. Zum Vergleich: Ein afrikanischer Elefantenbulle wiegt etwa 7,5 Tonnen. „In Bremen landet aber nur selten noch Brauchbares an der Straße. Für Gebrauchtes aber noch Gutes wenden sich die Bremer häufig auch an die Bremer Recyclingbörsen“, sagt Mareike Sturm über die Erfahrungswerte bei den Entsorgungsbetrieben.

Was das Ganze bringt?

Gut für den eigenen CO2-Fußabruck ist es allemal, wenn wir mehr Wert auf ein besonderes Möbelstück legen. Zwar war auch dieses Möbelstück in der Produktion nicht automatisch klimafreundlich – aber es werden keine neuen Ressourcen beim Herstellen verbraten. In deutschen Blogs wimmelt es vor Inspiration und Tipps. Aus einem alten Tisch mit fürchterlicher Marmorplatte lässt sich viel machen. Die Beine ergeben mit einer neuen Holzplatte einen richtig tollen Tisch – ganz nach eigenem Geschmack.

Worauf jeder achten sollte, der gebrauchten Möbeln eine zweite Chance geben will, lest ihr demnächst hier.

Text und Fotos: Janina Weinhold