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dieBremerin: Cläre Preißner, revolutionärer Geist

© Marlis Glaser

In Bremen gab und gibt es viele Frauen, die als Politikerinnen, Literatinnen, Lehrerinnen, Frauenrechtlerinnen oder Unternehmerinnen eine bedeutsame Rolle innehatten und haben. dieGlucke stellt in Kooperation mit dem Bremer Frauenmuseum in loser Reihe bedeutende Bremerinnen vor, um den Stellenwert dieser Frauen für unsere Gesellschaft deutlich zu machen. Heute: Cläre Preißner, (* 27.6.1900 in Bremen; † 6.1.1991 in Bremen)

Nur wenig Information findet sich über diese Bremerin, die sich ihr Leben lang nicht verbog und für ihre Überzeugung eintrat, politisch wie privat. Dennoch lassen die mosaikartigen Info-Splitter das Leben der Cläre Preißner als besonders erahnen: als eigensinniges (ganz positiv interpretiert), politisch aktives und selbstbestimmtes, frauenbewegtes Leben, basierend auf einem außerordentlich ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Bereits in der Schule verweigert Cläre Preißner den Gehorsam, als ein Lehrer sie zwingen will, eines der schrecklichen, vaterländischen Lieder über den Russlandfeldzug zu singen. „Nein, das sing ich nicht,“ erinnert sie sich in einem Interview zu den „Erinnerungen einer Freischülerin“. Als Schülerin fühlte sich Cläre Preißner während des ersten Weltkriegs vor allem ausgenutzt. Bei der Erinnerung an das tägliche Stricken – Ohrenwärmer und Socken für die Soldaten – grauste es ihr.

Blitzgescheit auf dem „Klünkengymnasium“

Dabei war es gar nicht selbstverständlich, dass Cläre Preißner überhaupt zur Schule gehen konnte. Sie wurde als Cläre Mehlhase geboren und war das 13. Kind ihrer Eltern. Ihr Vater wurde immer wieder arbeitslos, eine Situation, in der Familien sich oft dazu entschieden, vor allem ihre Töchter als Arbeitskräfte einzusetzen. Cläre Preißner aber durfte zur Schule an der Schmidtstraße gehen, die es auch heute noch gibt. Sie wurde 1854 gegründet und war die erste staatliche Schule in Bremen, an der kein Schulgeld gezahlt werden musste. Die Schule wurde damals häufig als Klünkengymnasium bezeichnet, da viele Schüler so arm waren, dass sie mit Holzschuhen in die Schule kamen – den Klünken.

Ein revolutionärer Geist

Der Hang zum Widerstand zieht sich durch das Leben von Cläre Preißner. Während der Bremer Räterepublik tritt sie in die KPD ein, wo sie ihren späteren Mann, den Schriftsteller, Journalisten und Widerstandskämpfer Peter Kast (eigentlich Karl Preißner) kennen lernt. 1922 wird ihr Sohn Uschka geboren. Auch im Privatleben entscheidet sich Cläre Preißner für den unbequemen und unüblichen Weg. Als sie sich von ihrem Ehemann nicht unterstützt fühlt, lässt sie sich scheiden. In der damaligen Zeit war dies beinahe schon  revolutionär, denn Karl Preissner verhielt sich wie die meisten Männer. Doch Cläre Preißner wollte sich der herkömmlichen Vorstellung von Ehe nicht beugen. Geprägt von einer Erziehung, die ihr Geborgenheit gegeben, Stolz und Selbstbewusstsein vermittelt hatte, konnte Cläre die traditionelle Rollenverteilung zwischen Mann und Frau nie akzeptieren. Nach dieser Ehe sollte sie auch nie wieder heiraten.

Leidenschaft für Literatur und Politik

Ihren Lebensunterhalt verdiente Cläre Preißner als Kürschnerin, um sich und ihren Sohn zu ernähren, der tragischerweise nie aus dem 2. Weltkrieg zurückkehren sollte. Doch ihre wahre Leidenschaft galt der Literatur und Politik. In den 1920er Jahren tritt sie den „Blauen Blusen“ bei, einer Bremer Agitpropgruppe. Nach dem Krieg schloss sie sich der „Sing und Spielgemeinschaft Oberneuland“ an und trat mit der Frauenkabarettgruppe „Li(e)dschatten“ auf. 1968 wird sie wieder parteipolitisch aktiv – in der DKP.

Bewährte Kommentatorin der politischen Welt

Legendär wird ihr Auftritt mit 82 Jahren im lila Samtkleid, mit weißem in Wellen gelegten Haar und indischem Glitzertuch am Internationalen Frauentag 1982, als sie auf der Bühne des Kulturzentrums Schlachthof in Bremen eine extra für sie geschriebene Fassung von „Lili Marleen“ vortrug, in der ihr eigener Widerspruchsgeist und die Ablehnung der Bundeswehr überdeutlich wurden. Nach zwei Oberschenkelhalsbrüchen musste sie die letzten sieben Jahre ihres Lebens in der Bremer Egestorff-Stiftung verbringen. Trotz ihrer körperlichen Einschränkungen, war ihr Interesse an Literatur und politischen Ereignissen ungebrochen und sie verfolgte und kommentierte weiterhin mit wachem Geist und scharfem Verstand politische Ereignisse. Bis zu ihrem Tod war sie fest von der Idee des Sozialismus überzeugt. Trotz ihrer vielfältigen Tätigkeiten zu ihrer Lebenszeit, finden sich nur das beschriebene Interview, das sie für eine Ton-Dia-Show gab sowie einige ausdrucksstarke Porträts der Bremer Malerin Marlis Glaser, die hier beide zu sehen sind. Am 6. Januar 1991 verstarb Cläre Preißner in Bremen. (MG)

© Marlis Glaser

© beide Illustrationen: Marlis Glaser

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