Mit ihrer aktuellen Studie haben die Öko-Aktivisten von Greenpeace mal wieder neuen Schwung in eine bekannte Problematik gebracht: Welche Kleidung kann ich kaufen? dieGlucke beleuchtet in einer Mini-Serie verschiedene Aspekte. Heute Teil III: Mit originellen Kundenaktionen zu mehr Wahrnehmung im Netz.
Wer nach Öko-Mode oder Naturkleidung googelt, stößt mit Sicherheit auf hessnatur. Das Unternehmen aus dem hessischen Butzbach gilt als Vorreiter für ökologische, aber auch soziale Standards in der Textilproduktion und kam nach seiner Gründung Mitte der 1970er Jahre als erstes mit einer Öko-Babykollektion auf den deutschen Markt, kleidete Anfang der 1980er-Jahre die Grünen ein und ließ wenig später die weltweit erste Bio-Baumwolle anbauen. Heute wird der Branchenprimus vor allem im Online-Geschäft immer präsenter. Vier von zehn Kunden bestellten im vergangenen Geschäftsjahr ihre Ware im Internet, 85 Prozent der Neukunden gelangten online zur Öko-Ware. Sicherlich auch ein wichtiger Faktor für diese Entwicklung war die jüngste Produkttester-Aktion samt dazugehörigem Internetportal.
1.500 Cardigans im Dauertest
Es war nicht die erste, aber eine originelle und die bislang umfangreichste Kunden-Aktion des hessischen Unternehmens, die gerade zu Ende ging: 1.500 Frauen sollten im vergangenen Herbst je einen hochwertigen Cardigan aus Öko-Schurwolle kostenlos erhalten und mit sieben wöchentlichen Aufgaben testen sowie bewerten. Die Resonanz war enorm, 50.000 Frauen hatten sich beworben! Feed-back gab es schlussendlich von mehr als 50 Prozent der Teilnehmerinnen, von denen sich die meisten positiv (3 von 10) bis sehr positiv (6 von 10) über die Strickjacke äußerten. Kritik gab es allerdings auch nicht zu knapp, so wurde bemängelt, dass die Aktion über sieben Wochen sehr intensiv und die Aufgaben sehr speziell gewesen seien. Beispiel: Beim Schmutztest sollte das gute Stück mit Erde verdreckt werden, um zu zeigen, wie strapazierfähig und leicht zu reinigen natürliche Schurwolle ist (was aber viele der Insiderinnen gar nicht machten) und der obligatorische Waschtest wurde erst im letzten Drittel des Aktionszeitraums anberaumt, da hatten viele ihre empfindliche, naturbelassene und eben nicht pflegeleicht ausgerüstete Wolljacke bereits (zu heiß) in der Waschmaschine gewaschen.
Konstruktive Kritik, die weiterhilft
Doch in der Summe sei die Kritik konstruktiv, wertschätzend und vor allem sehr wertvoll gewesen, so hessnatur-Sprecherin Verena Kuhnert. Die Idee funktionierte, möglichst viel über Style und Tragekomfort zu erfahren, um Produkt und Verarbeitung zu optimieren, aber natürlich auch die Information über Aktion und Öko-Mode möglichst weit zu streuen. In Zeiten von Facebook und Blogs war das durchaus effizient: „Jede Teilnehmerin hat durchschnittlich 57 Personen von der Cardigan-Aktion erzählt,“ so Kuhnert. Eine Wahnsinnsreichweite, die davon zeugt, wie groß das Interesse an Öko-Kleidung ist und zeigt, dass nachhaltiger Konsum in der Gesellschaft angekommen ist. Und die – nicht zu vergessen – natürlich auch den Material- wie Arbeitsaufwand des Massenexperiments ins rechte Werbelicht rückt. „Die Kommunikation unter Freundinnen hat eine andere Wirkungskraft und räumt Vorbehalte aus,“ so die Sprecherin. Das kann aber auch nach hinten losgehen: Bei etlichen kritischen Bloggerinnen überwog die Unzufriedenheit mit dem Experiment und auch das Produkt fiel des öfteren durch, weil die Farbe, der Schnitt oder gewisse Details nicht gefielen, was alles im Projektblog nachgelesen werden kann.
Marketinginstrument Mundpropaganda
Von Kundin zu Kundin – das ist schon immer Marketingstrategie des Öko-Mode-Herstellers: Naturprodukte sind erklärungsbedürftig, vor allem der Preis und der Umgang mit den Naturkleidern müssen erläutert werden. Deshalb ist eine enge Bindung und transparente Kommunikation mit den Kunden Programm. Dies zu betonen und neu zu stärken scheint außerdem notwendig geworden zu sein, nachdem hessnatur 2011 von einem Schweizer Hedgefonds gekauft und im August diesen Jahres die Geschäftsspitze ausgewechselt worden und deshalb immens unter Druck geraten war. Ein Kundenrat soll ab nächstem Jahr den Dialog mit den Käuferinnen transparenter gestalten und so die Bindung zum Kundenstamm wieder stärken. Ob es zu mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit verhilft, Götz W. Werner, den nachhaltig bekannten Gründer der dm-Drogeriekette, in den Beirat von hessnatur zu berufen wird sich weisen.
Die nächste Aktion: Wellness für Frauen und Männer
Das Unternehmen setzt auch künftig auf die Strategie, möglichst oft, umfangreich und werbewirksam Kundinnen und Kunden in die Produktentwicklung und Kollektionsplanung mit einzubeziehen. Die nächste Aktion wird allerdings mit einer überschaubaren Gruppe von 15 Personen stattfinden: Für ein Wellness-Wochenende zum Thema Sinnvoll genießen können sich Frauen und dieses Mal auch Männer anmelden. Die Bewerbungsphase für das Komplett-Arrangement im Frühjahr 2013 mit viel Information, gesunder, aromastarker Bio-Kost, Öko-Kleidung sowie Verwöhnelementen in einem Naturhotel am Bodensee ist bereits gestartet und läuft noch bis zum 31. Januar 2013 auf der Produkttester-Plattform www.hessnatur-insider.com. dieGlucke meint: Das wäre ja auch eine schöne Freundinnenaktion und wüsste auch schon eine, die bestimmt mit testen würde!
Teil I der Mini-Serie zur Öko-Kleidung: lebensWelt: Neue Kleidung – ziemlich giftig
Teil II: lebensWelt: Welche Kleidung kann ich kaufen?
Pingback: lebensWelt: Kleidertausch im Netz | dieglucke
Pingback: lebensWelt: Neue Kleidung – ziemlich giftig | dieglucke
Pingback: lebensWelt: Welche Kleidung kann ich kaufen? | dieglucke