Wie ist dein „Kleidungsalltag“? Jeden Tag entscheiden wir uns vor dem Kleiderschrank, was wir anziehen. Wie und warum wir so entscheiden, dafür interessiert sich Julia Hahmann per Instagram-Account. Die promovierte Soziologin und Dozentin an der Uni Vechta hat im August 2017 ein Forschungsprojekt gestartet, um sich dem Thema wissenschaftlich zu nähern. Statt dröger Fragenkataloge bestimmt sie alle zwei Wochen ein Motto samt Hashtag für ihr Insta-Projekt „Kleidungsalltag“. Heike hat Julia unsere 5 Fragen an … gestellt.
1. Kleidungsalltag – welche Idee verbirgt sich hinter dem Insta-Account?
Was hast du vor?
Julia Hahmann (JH): Kleidungsalltag ist ein Forschungsprojekt, das sich mit alltäglichem Ankleiden auseinandersetzt. Was ziehe an welchen Tagen aus welchen Gründen an? Warum fühle ich mich in bestimmten Kleidungsstücken wohl, während ich in anderen den ganze Tag von dieser (falschen) Kleidungswahl negativ beeinflusst werde?
Kleidung ist – soziologisch betrachtet –ein Bereich des Alltagslebens, der durch Klassenlage, Milieu, Subkultur oder Identität beeinflusst wird. Wir sehen eine Person und können ihren Stil interpretieren, z.B. „Typisch Hipster!“. Aber selbst in ihrem spezifischen Kleidungsstil variieren Individuen natürlich, was sie zu welcher Gelegenheit tragen. Sie bereiten sich mit ihrer Kleidung auf die Anforderungen der sozialen Umwelt vor und folgen dabei (oftmals impliziten) Annahmen über die Erwartungen des Gegenübers sowie Vorstellungen zum eigenen Körper. Und genau diese unbewussten Regeln versuche ich aufzudecken.
2. Was bedeuten die sozialen Kanäle wie Instagram für Frauen?
JH: Instagram als primär visuell geprägtes Medium lässt eine Beschreibung von alltäglichen Outfits leicht zu und Teilnehmer*innen erhalten darüber viel direkter und oftmals auch herzlicher Rückmeldung zum Kleidungsstil. In diesem spezifischen Bereich erlebe ich die Plattform als sehr warmen Ort, an dem sich Frauen relativ unbeeindruckt von Körpernormen präsentieren können.
3. Was magst du an Bremen (nicht)?
JH: Ich bin Zugezogene, lebe seit fünf Jahren in Bremen und habe immer noch ein ziemlich verklärtes Verhältnis zu dieser Stadt. Ich mag den Mikrokosmos des Viertels, der so viele Lebensstile vereint und trotzdem Ecken hat, die dreckig bleiben. Allerdings könnte es wirklich mehr Möglichkeiten geben, tanzen zu gehen.
4. Stell dir vor, du hast 1 Mio. € zur Verfügung. Was würdest du damit in und für Bremen umsetzen?
JH: Räume herstellen, in denen Menschen zeitweise solidarisch Gemeinschaft erleben können, ohne sich an Konsumangeboten beteiligen zu müssen.
5. Was tust du, bevor du abends das Licht im Bett ausmacht?
JH: Liebevoll an Karl Marx denken
Tolles Projekt, liebe Julia. Danke für deine Antworten.
Wer bei Kleidungsalltag mitmachen möchte, klinkt sich einfach auf instagram.com/kleidungsalltag ein: noch mehr Infos gibt es im dazugehörigen Blog kleidungsalltag.wordpress.com
Interview: Heike Mühldorfer.