Auch in diesem Jahr gibt es den Gratis-Comic-Tag, an dem die Lust auf gezeichnete Geschichten angefacht wird, sei es mit einem Gratisangebot von Buchhandlungen, wie z.B. dem Logbuch in Bremen, oder Lesungen. Davon gibt es am kommenden Samstag eine in der Bremer Zentralbibliothek.
Ein Art Pilgertour hat auch Sascha Hommer hinter sich. Er verbrachte sieben Monate in China, vier davon lebte er in der Millionenstadt Chengdu. Seine Erlebnisse hält der Comiczeichner im Reisetagebuch „In China“ fest, das im vergangenen Jahr erschien. Anlässlich des Gratis-Comic-Tags kommt der Hamburger in die Zentralbibliothek nach Bremen und liest aus seiner Graphic Novel. Allerdings bleibt es nicht allein beim Vortragen: „Ich werde Texte aus dem Buch lesen, parallel dazu Bilder zeigen und diese mit Sounds unterlegen. Es wird also ein Lichtbildvortrag mit Geräuschen.“
Die etwas verrätselte Exkursion ins Reich der Mitte mit eingeflochtenen Anekdoten bekannter Abenteurer ist Hommers erster Reisebericht, an dem er fünf Jahre arbeitete. Das Credo des Zeichners, der bereits für seine Werke „Insekt”, „Vier Augen”, „Dri Chinisin” bekannt ist, lautet: Mit jedem Projekt ein neues Genre ausprobieren. Deshalb wird es so schnell keinen neuen Streifzug durch fremde Kulturen geben. „Ich arbeite derzeit an einer Fantasiegeschichte.“ Mehr will er darüber noch nicht verraten. Die Veröffentlichung ist für Ende nächsten Jahres anvisiert.
Ein aktuelles Projekt, das nicht allein aus Hommers Feder stammt, das er jedoch federführend als Dozent begleitete, ist ein Workshop zum Thema Comicjournalismus. Unter dem Titel „Alphabet des Ankommens“ sind zwölf Comicreportagen entstanden, die ab 20. Mai auf einer eigenen Homepage veröffentlicht werden. Das „Alphabet des Ankommens“ kombiniert Journalismus mit Comics, um das Thema Aus- und Einwanderung abzubilden. H wie Herkunftsland, W wie Wahlheimat, A wie Auswanderung und E wie Exil: 28 JournalistInnen und ZeichnerInnen aus zehn verschiedenen Ländern dokumentierten unter der Regie von Hommer und der Journalistin Lilian Pithan, wie Migration weltweit Menschen und Nationen prägt. Jeweils im Zweierteam besetzt mit ZeichnerIn und SchreiberIn brachten sie Geschichten von syrischen Musikern und Flüchtlingskindern in Berlin-Lichtenberg zu Papier. Die Schwierigkeit: Den Balanceakt zwischen Neutralität, Wahrhaftigkeit und Seriosität zu meistern.
Für Hommer, der unter anderem als Dozent an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg lehrt, ist der Mix aus Comic-Theorie und Praxis Broterwerb. Nur allein vom Zeichnen wäre ein Auskommen in Deutschland nicht möglich. „Mit einem Comic wie dem meinen verdient man nicht so viel Geld. Man kann aber zusätzlich als Illustrator arbeiten oder in die Lehre gehen. Ich gebe Workshops für Schüler und Erwachsene. Das Interesse am Genre steigt, wie der Comicjournalismus-Workshop zeigt.“
Noch träumen deutsche Zeichner von Verhältnissen, wie sie beispielsweise in Frankreich vorherrschen, wo die Gattung als „Neunte Kunst“ gilt. Hommers franko-kanadischer Kollege Guy Delisle („Geisel“) kann im Nachbarland sehr gut von seinen gezeichneten Reisereportagen leben. Zwar sei in Deutschland eine Trendwende zu spüren, es gebe mehr prominente Besprechungen und Übersetzungen, sodass die deutsche Szene wachse, dennoch brauchen die ZeichnerInnen hierzulande noch Support. Der Gratis-Comic-Tag könne helfen. „Ich finde, es ist ein gutes Projekte, weil die Verlage und die Comic-Shops zusammenarbeiten.“ Die Aktion könne einen Beitrag leisten, die Gattung für das deutsche Publikum generationsübergreifend noch populärer zu machen, glaubt Hommer.
Am Gratis-Comic-Tag Samstag, 13. Mai, liest Sascha Hommer ab 14 Uhr aus seinem Buch „In China“ im Wall-Saal der Stadtbibliothek Bremen, Am Wall 201. Der Eintritt ist frei. Beteiligte Shops, in denen am Tag Gratis-Comic-Hefte erhältlich sind, stehen unter www.gratiscomictag.de.
Die Comicreportagen sind ab 20. Mai unter Alphabetdesankommens.de zu lesen.
Text: Annica Müllenberg