Kopf-Bauch-Hand-Computer … auf dem Zusammenspiel der vier Komponenten fußt kurz gesagt das Prinzip Nea Machina (griechisch für Neue Maschine) der beiden Jung-Designer Thomas und Martin Poschauko. Für ihre Diplomarbeit vor zehn Jahren entwickelten die beiden diese Kreativmethode für Designer und feilten seither weiter daran. Workshops, Diskussionen, Erfahrungen aus dem Kreativleben flossen mit ein. Die Ergebnisse in der mittlerweile erschienenen Next Edition (im Verlag Herman Schmidt) – die mich bei meinem Besuch der Leipziger Buchmesse allein mit ihrer Farbgebung in Neon-Gelb und -Orange so richtig wach gemacht hat – hab ich mir mal angesehen.
Vorsicht! Nea Machina kann das Leben verändern …
… das sagt der Verlag. Denn es geht darum „Kopf, Bauch, Hand und Computer in den Kreativprozess“ von Designern einzubeziehen, mal weg vom eigentlichen Objekt (und konkreten Auftrag) die Gedanken schweifen zu lassen, um frische Ideen und Variationen zu entwickeln. Statt „Erst denken, dann machen“ gilt: „Erst machen, dann denken!“. Das Prinzip ist nicht wirklich neu, doch durch die verblüffend einfache Darstellung als Bauplan, mit einfachsten Strichzeichnungen und mit Hilfe vieler Beispiele zeigen die Autoren, dass es Zeit wird, wieder mehr Bauchgefühl ins Kreativ-Leben einziehen zu lassen.
Doch zuerst kommt die Theorie, wunderbar leicht aufgemacht mit vielen kleinen Illustrationen. Kopf oder Bauch? Wer hat den Lead? Was kann – meiner Meinung nach nicht nur für Designer – händisches Arbeiten mit allen Sinnen bewirken? Wie schafft es der Computer gegebene Grenzen zu sprengen? Was macht es mit uns (und unserer Kreativität) wenn wir die Kontrolle abgeben? Und stellen wir wirklich fest, dass auch so Qualität entstehen kann? Auf jeden Fall reflektieren wir unsere Rollen und erinnern uns an den verschütteten Künstler, der ja eigentlich in jedem von uns steckt.
Du bist der Gestalter!
Die Poschauko-Zwillinge sprechen vom Kreativraum als befreiender Beschränkung, von Trial and Error, von spielerischen Assoziationsketten und formalen Variationen und untermauern ihre Ideen mit ihren Erfahrungen und lassen dabei aber offen, ob und wie weit die Lesenden ihnen folgen wollen. Mit einer unglaublichen Fülle an Beispielen aus vier Monaten freien Experimentierens zeigen sie, dass und wie ihre Kreativmaschine funktioniert. Und bestärken in meinem Lieblingskapitel, wie wichtig es ist bestehende Ketten zu sprengen. Schließlich appellieren sie: „Du bist der Gestalter! Weg vom Rechner, raus in die Welt!“ Das kann und soll nun nicht für alle Prozesse im Alltagsgeschäft gelten, aber doch als stete Inspirationsquelle. Wenn dann noch Spirit und Euphorie mitmischen und das „gute Gefühl“ durch ein inspirierendes Arbeitsumfeld vorhanden ist, dann läuft es für die persönliche Nea Machina.
P.S.: Für mich funktioniert dieses Buch nicht nur für DesignerInnen, sondern definitiv auch für alle möglichen anderen kreativen Prozesse im Alltag und Beruf. Deshalb sitze ich hier in inspirierender Umgebung auf der Terrasse mit Blick in die Ferne, schmökere angeregt in dem 232 Seiten dicken Band, fühle mich dabei ganz bei mir und schöpfe daraus meine Ideen. Läuft!
Nea Machina – Die Kreativmaschine. Next Edition von Thomas und Martin Poschauko, erschienen im Verlag Hermann Schmidt Mainz.
Im selben Verlag erschienen: Von der Kunst ein kreatives Leben zu führen von Frank Berzbach, über das ich hier geschrieben haben und noch heute immer mal wieder gerne zur Hand nehme.
Text: Heike Mühldorfer