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#buchtipp: Ein Sommer in Schweden – Schloss Gripsholm

Schon seit fast 25 Jahren steht das kleine Büchlein in meinem Regal, Schloss Gripsholm von Kurt Tucholsky. Geschenkt von einer Freundin für den ersten gemeinsamen Urlaub mit der neuen Liebe in Schweden. Damals passend, denn die sommerleichte Liebesgeschichte des berühmten und von den Nazis bekämpften Journalisten, Satirikers und Pazifisten aus dem Jahr 1931 erzählt von dem mehrwöchigen Aufenthalt eines unkonventionellen Pärchens im pittoresken Schloss am Mälarsee.

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Schloss Gripsholm am Mälarsee. © Wikipedia Commons by Irina Jonsson

Luftig und leicht wie ein Sommer in Schweden

Dieses Mal lese ich Schloss Gripsholm, weil unser Familienurlaub (mit demselben Mann 🙂 ) nach Schweden geht. Schön, den Leseklassiker mal wieder zur Hand zu nehmen – als Einstimmung auf Land und unbeschwerte Wochen. Denn Schloss Gripsholm ist nicht nur Liebesgeschichte (und sollte es auch nicht sein, wie Tucholsky im fiktiven Briefwechsel mit seinem Verleger auf den ersten Seiten betont), sondern vor allem eine beiläufig erzählte, launige und sehr idyllische Sommergeschichte. Geschrieben in einer lakonischen und unpathetischen Sprache, durchsetzt mit pointiertem Geplänkel und klugen Überlegungen, manches wirkt heute aus der Zeit gefallen, vieles ist immer noch (oder wieder) aktuell.

Es ist eine sorglose Zeit, die beide verbringen, gespickt mit kleinen amüsanten Episoden – mit viel Herz und ohne Eifersucht, Besuchen und Begegnungen, auch mit Erotik, viel Naturerleben und einer ordentlichen Portion Gesellschaftskritik, verpackt als Geschichte-in-der-Geschichte über die kleine Ada, die im Ferienheim von der tyrannischen (deutschen !) Leiterin gequält wird. Eine leichte, flott zu lesende Urlaubslektüre mit Sehnsuchtsfaktor nach unbeschwerten Stunden, viel Sonne und wenig „Kummervollem“, das Tucholsky vorsorglich an der Gepäckaufgabe abgibt.

 

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Urlaubsvorbereitung für die Schwedenreise mit Schloss Gripsholm. Foto: Heike Mühldorfer

Es wird die letzte Publikation sein, die Tucholsky veröffentlicht. Mittlerweile hatte er Deutschland verlassen und lebte in Schweden, von den Nationalsozialisten wird er 1933 ausgebürgert, sein Vermögen Deutschland beschlagnahmt, seine Bücher werden verbrannt. Im Dezember 1935 stirbt Kurt Tucholsky an einer Medikamentenvergiftung in einem Krankenhaus in Göteborg. Begraben wurde er in Mariefred in der Nähe des Schlosses Gripsholm. Mal sehen, ob ein Besuch von Schloss und Grab in unsere Sommergeschichte passt.

Text: Heike Mühldorfer, Foto: Wikipedia Commons by Irina Jonsson