Wo und wie arbeiten KünstlerInnen, wo und wie leben sie ihre Kunst? Im Künstlerhaus Bremen hinterfragt das Ausstellungsprojekt „dazwischentreten“ in Kooperation mit dem Mariann Steegmann Institut für Kunst & Gender (Uni Bremen) die Produktionsbedingungen von Kunst. Dazu wird das ganze Haus am Deich bespielt und die Grenzen zwischen Arbeits- und Ausstellungsraum werden erforscht. Wie nahe diese – gerade für Frauen – an den eigentlichen Lebensraum heranreichen, zeigt Daniela Reina Téllez, die an der HfK Bremen studiert, und im Künstlerhaus wortwörtlich ihre Zelte aufschlägt. Während der Ausstellungszeit bis zum 10. Juli 2015 wird sie in ihrem „Zeltkleid“ dort wohnen, arbeiten und die Vorbereitungen ihres kommenden Reiseprojektes mit in die Präsentation im Künstlerhaus einbeziehen.
Haus-Arbeiten und Performances
Alle Beteiligten haben Interventionen, Performances und Projekte zum Mitmachen konzipiert, mit denen der Blick auf die Lebens- und Arbeitssituation von KünstlerInnen geschärft werden soll. Dankenswerterweise zeigt dieses Projekt eine überproportionale Beteiligung von Frauen, deren Kunst oft im Privaten stattfinden muss, was die Wahrnehmung von Künstlerinnen in der Öffentlichkeit natürlich mindert. Durchs Dazwischentreten – so auch der Titel –, „durchs Eintreten, Hinein- und Hinausgehen soll eine hauseingreifende Unterbrechung geschehen, mit denen die Bedingungen von Kunsttun und -sehen untersucht werden“. Und die so mehr Präsenz in der Öffentlichkeit stattfinden lässt. Beteiligt sind insgesamt 14 KünstlerInnen, die sowohl aktuell im Haus arbeiten, als auch bereits zu Gast im Haus waren oder die in anderen Städten und Ländern leben und tätig sind. Durch die Beteiligung des Publikums oder durch künstlerische Umarbeitungen entwickeln sich einige Werke über die Ausstellungsdauer im Prozess weiter. Noriko Yamamotos greift Licht- und Architekturbedingungen des Raumes auf, Mia Unverzagt verlost einen Besuch in ihrem Atelier, Kornelia Hoffmann zeigt eine großformatige Installationsansicht eines ihrer Werke, das vor ein paar Jahren im Künstlerhaus ausgestellt wurde. Wantanee Siripattananuntakul entwirft in ihrem Videofilm die imaginäre Verbindung vom Gastatelier des Künstlerhauses zu ihrem Atelier in Thailand. Im vorderen Treppenhaus bespielen Matthias Ruthenberg und Lucas Odahara, beide Absolventen der HfK Bremen, und Franziska Keller die Schwellensituation zwischen Innen- und Außenräumlichkeiten, zwischen Drinnen- und Draußen-Sein.
Das ganze Haus wird bespielt
Auch der Mietspiegel wird zum Kunst-Thema. Annika Kahrs und Gerrit Frohne-Brinkmann zeigen in ihrer Performance REAL ESTATE die zunehmend der Immobilienspekulation unterlegenen Räume für KünstlerInnen und für die Kunst auf. LIFE SPORT (gegründet 2014) stellt die Frage nach den Arbeitsbedingungen von KünstlerInnen aus ökonomischer Sicht – ihr Jogginghosen-Shop schlägt den Bogen zur Griechenland-Misere. Doris Weinberger ermöglicht den BesucherInnen, sich unmittelbar an dem Entstehungsprozess einer Arbeit zu beteiligen. Jeanne Faust fragt nach klassischen Rollendarstellungen und setzt sich in der Videoarbeit Interview u.a. mit der Überhöhung der (männlichen) Künstlerfigur auseinander. Es gibt also einiges zu entdecken im verwinkelten Künstlerhaus am Deich.
Veranstaltungen und Öffnungszeiten
Das Projekt bezieht Ateliers, Treppenhäuser und auch das Gastatelier ein, vor allem samstags werden mit Performances die BesucherInnen in das Kunst-Schaffen mit einbezogen. Geöffnet ist die Ausstellung immer von Freitag bis Sonntag zwischen 14.00 und 19.00 Uhr. Performances finden statt von Biba Bell – à résidence am Samstag, den 20. und 27. Juni, sowie dem 4. Juli und von Annika Kahrs & Gerrit Frohne-Brinkmann – REAL ESTATE am Samstag, den 20. Juni um 17 Uhr sowie am Donnerstag, 2. Juli um 19 Uhr. Daniela Reina Téllez und Noriko Yamamoto setzen Ihre Arbeiten während der Ausstellungszeit fort. Yamamoto kann man zu den Öffnungszeiten in ihrem Atelier besuchen, wo sie an Ihrem Werk unsichtbare Sichtbarkeit arbeitet. Daniela Reina Téllez arbeit und wohnt während der Ausstellungdauer in ihrem „Zeltkleid“ im Gastatelier. Home wasn’t built in a day ist somit Installation und Performance zugleich.
Am Samstag, den 20. Juni um 17.00 führen die Kuratorinnen Kathrin Heinz und Mona Schieren durch die Ausstellung. Am Donnerstag, den 2. Juli um 19.00 bieten Fanny Gonella, Leiterin des Künstlerhauses, und Christian Heinz von der HfK Bremen, eine Führung an. Am Freitag, den 10. Juli um 20 Uhr ist Finissage. Weitere Infos: kuenstlerhausbremen.de
Text: Heike Mühldorfer
Über den Genderaspekt in Bremer Museen haben wir uns hier Gedanken gemacht: Genderpolitik in Ausstellungen.