Es sind vier Treppenstufen nach Afrika. Maike von Morenhoffen holt den Schwarzen Kontinent für uns ins Souterrain eines Altbremer Hauses in Schwachhausen. Hier begrüßen Stoff-Collagen und Patchwork-Kreationen die Besucherin, knallige Kunststoff-Objekte und praktische Recycling-Kannen, schwarz-weiße Holzmasken und fragile Papier-Figuren schinden Eindruck mit Originalität und künstlerischem Appeal. Doch die für mich beeindruckendste Ecke findet sich am Ende des schmalen Hausgangs, dort liegt das Stofflager, wo die Regale schier überquellen von farbenfrohen Stoffpäckchen. Mit ihrer unglaublichen Vielfalt an Farben und Mustern künden sie von den Reisen und Begegnungen, die Maike von Morenhoffen jedes Jahr auf der Suche nach Neuem und Bewährtem nach Afrika führen.
Am kommenden Wochenende öffnet die Bremerin ihr Keller-Atelier im Rahmen des Schwachhauser Kulturspaziergangs und zeigt nicht nur ihre Schätze, die sie aus Südafrika und einigen Ländern Westafrikas direkt einführt, sondern auch was sie selbst aus den Stoffen kreiert sowie beeindruckende Werke der Bremer Künstlerin Csilla Kudor auf Original Afrika-Stoffen.
Zweite Heimat Afrika
Seit mehr als 40 Jahren ist Maike von Morenhoffen mit Afrika aufs Engste verbunden. Schon gleich nach der betriebswirtschaftlichen Ausbildung im Textilfach wandert sie aus – aus Abenteuerlust, wie sie sagt – und arbeitet zehn Jahre lang in Kapstadt in Südafrika, knüpft die Kontakte zur Branche und wird danach immer wieder das faszinierende Land besuchen, um die dort typischen Stoffe einzukaufen oder bedrucken zu lassen. Noch heute schwingt Verwegenheit durch die Erzählungen der smarten 67-Jährigen, die seit ihrem Vorruhestand jedes Jahr drei Monate bei Kapstadt lebt. Sie machte aus ihrer Leidenschaft zu den textilen Schönheiten und dem einzigartigen Kunsthandwerk vom „Schwarzen Kontinent“ einen zweiten Beruf und bringt nicht nur Stoffe, sondern auch Masken, Skulpturen und Objekte aus Südafrika und Ghana, Zimbabwe oder zum Beispiel der Côte d’Ivoire im Direktvertrieb nach Deutschland.
Pamoja = Miteinander
Den Namen ihres Labels Pamoja wählte sie mit Bedacht. Er steht im Swahili für Miteinander und drückt aus, wie sehr der Bremerin am Herzen liegt, dass sie zusammen mit den Menschen vor Ort arbeitet, sodass möglichst viele Familien von ihrem Direkthandel profitieren. Sie kennt alle Handwerksstätten und Künstler persönlich, Fotos von ihren Begegnungen zeigen die Zugewandtheit und das Vertrauen, das die Bremerin dort genießt. Vor allem mit Frauen handelt sie und mit kleinen Kooperationen, beispielsweise dem Woza Moya Hillcrest Aids Center in Bremens Partnerstadt Durban oder Etafeni in Nyanga – einem der ärmsten Stadtteile Kapstadts. Sie besucht Schulen vor Ort und unterstützt sie wo es geht, auch indem sie deren Benefit-Produkte aus Perlen oder Blech mit ins Sortiment nimmt.
Stoffe, die Geschichten erzählen
Ein Besuch bei Maike von Morenhoffen birgt unendlich viele Geschichten, denn über jedes Stoffbündel gibt es viel zu erzählen. „Etwa 1.000 Motive gibt es auf dem Markt, darunter wilde, abstrakte, geometrische und besonders viele, die vom Alltag erzählen“, berichtet sie. „Anders als in der westlichen westlichen Mode haben afrikanische Designs oft alte Wurzeln und eine tiefere Bedeutung.“ Das können Tagesereignisse ebenso sein, wie Sprichwörter, Anekdoten, Namen von berühmten Plätzen und Menschen – zum Beispiel Nelson Mandela in einer Vignette –, Sport, Landschaften, Fauna – Perlhühner, Echsen, Giraffen – und Flora und es gibt sogar die so genannten Modernen Muster mit Zündkerzen, Computern oder Handys.
Typisch für Südafrika sind die blauen ShweShwe-Stoffe, die auch german prints genannt werden – da sie ursprünglich nach den Schürzenmustern der deutschen Kolonistenfrauen nachempfunden waren. Bis heute ist ShweShwe ein Teil der Stammeskultur der Sotho, Twana, Swazi, Zulu und speziell der Xhosa.
Zu den bekannten traditionellen Mustern gehört auch Kente, ein handgewebter Stoff aus Ghana, ursprünglich aus Seide und sehr teuer. Die ghanaischen Stämme der Asante und Ewe verwendeten die Kleidung ursprünglich für religiöse Zeremonien und er war für das Königshaus reserviert. Heute gibt es Kente-Stoffe auch industriell gedruckt und er ist somit erschwinglich, er ist aus reiner Baumwolle. Aber nicht nur über die Historie, auch über die Herstellung selbst gibt es unendlich viele Details, die von Morenhoffen mit Leidenschaft erklärt: Ob in Batik oder mit Siebdruck, oder Lanalapu-Stoffe aus der Nähe von Kapstadt, die mit Hilfe der Sonne und dann oft nochmals mit Modeln bedruckt werden. Und alle diese Beispiele sind für Patchwork-Arbeiten bestens geeignet.
Stoffe für Patchwork, Ausstellungen und Kunst
Das Stichwort Patchwork fällt öfter in unserem lebhaften Gespräch und viele Beispiele der farbenfrohen und aufwändigen Näharbeit sind auch zu sehen, bei der viele kleine Stoffstreifen zu einem völlig neuen Ganzen zusammengefügt werden. Eine Kunst, die von Morenhoffen beherrscht: Sie gestaltet und näht Patchwork-Decken (auch aus ihrem Lieblingsmaterial dem Damast) oder Wandbehang sowie Collagen aus Stoffen und anderen Materialien, die sie von ihren Reisen mit nach Bremen bringt, wie Mehl- oder Kaffeesäcke, Perlen oder Knöpfe.
Die Faszination teilt sie mit vielen Hobby-Nähbegeisterten, die sich bei Pamoja die wunderschönen Stoffe besorgen (die außerdem für Ausstellungen und Kunstprojekte begehrt sind). Das geht ganz einfach per Internet-Shop, auf etlichen Märkten bei der die Bremerin ihren Stand aufbaut oder bei einem Besuch im Keller-Atelier in der Fitgerstraße 34, den die Afrika-Begeisterte immer mittwochs und freitags oder nach Vereinbarung öffnet. Und beim Suchen der passenden Stoffe im gemütlichen Stofflager teilt sie gerne ihr schier unerschöpfliches Repertoire an Geschichten, die sich hinter den fantastischen Stoffen und Objekten aus ihrem Lieblingskontinent Afrika verbergen.
Und hier die Info zu den nächsten Veranstaltungen von Pamoja in Bremen:
Pamoja, Fitgerstraße 34, im Souterrain
Tag der offenen Tür im Rahmen des Kulturspaziergangs 2015 am 6. und 7. Juni 2015 von 11 bis 17.00 Uhr. Mit Ausstellung der Ölbilder auf afrikanischem Stoff von Csilla Kudor, Bremen, und der Möglichkeit, selbst zu nähen. Außerdem gibt es Kunsthandwerk aus diversen Ländern Afrikas wie: Kenia, Nigeria, Ghana, Elena Ezeani von Black Image informiert über das Projekt.
Es gibt wieder Curry-Bananensuppe und natürlich Kaffee/Tee und selbstgebackenen Kuchen.
Am 13.und 14. Juni gibt es einen weiteren Tag der offenen Tür mit Schwerpunkt Perlenschmuck von Christine Boison (Einzelperlens aus Ghana), Stoffen aus Westafrika und Südafrika und praktischer Anleitung für den Stoffdruck.
Text: Heike Mühldorfer, Fotos: Maike von Morenhoffen, Heike Mühldorfer
Wir unterstützen Maike von Morenhoffen und Pamoja sehr gerne im Rahmen einer Medienkooperation.
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