50.000 Menschen waren es, die zum Start der Grünen Woche 2015 am vergangenen Samstag in Berlin unter dem Motto „Wir haben es satt“ u.a. für eine bäuerliche Landwirtschaft demonstrierten (Demo-Aufruf). Aber was ist das heute genau, eine bäuerliche Landwirtschaft? Ist das eine Frage der Betriebsgröße und der bearbeiteten Flächen, ist es eine der Eigentumsverhältnisse (Familienbetrieb oder nicht?) oder ist gar nur ökologische Landwirtschaft auch „bäuerlich“?
Was ist bäuerlich? Es kommt immer darauf an
Zu diesem, die Fragen deuten es an, in der einschlägigen Szene heiß diskutierten Thema hat nun Ökologie & Landbau sein Heft 172 (4/2014) publiziert. Dieses verbandsunabhängige Medium für eine ökologische Agrar- und Ernährungskultur erscheint seit über vierzig Jahren.
Die Antwort ist klar und lautet: „Es kommt immer darauf an“, zumal sich die Strukturen in Produktion und Vermarktung ökologischer Erzeugnisse denen im industrialisierten Agrobusiness tendenziell angleichen. Niklas Wawrzyniak, Redakteur der Zeitschrift, nennt als Kriterien, an denen sich die „Bäuerlichkeit“ messen lasse: Regionalität von Produktion und Vermarktung, Arbeitsplatzqualität, Kreislaufwirtschaft, artgerechte Tierhaltung, Einkommens- statt Gewinnorientierung, Vielfalt, Gemeinnützigkeit. Auf der persönlichen Ebene könnte noch die Weitergabe von Wissen und Wahrnehmung einer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der „Natur“ hinzugefügt werden. Aber ist dann der Ökobetrieb, der auf 1.000 Hektar in Monokultur Rote Beete produziert „bäuerlich“, und der konventionelle Michviehbetrieb in Mittelgebirgslage nicht? Diese Matrix zeigt, dass „bäuerlich“ nicht fest definiert werden kann.
Bauernhof 2.0
Das Heft zeigt, dass alte Frontstellungen zwischen Ökolandbau und etwa der im Heft prominent vertretenen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) der Vergangenheit angehören. Aber längst stehen neue Herausforderungen, wie etwa die Industrialisierung des Ökolandbaus und die Schaffung attraktiver Arbeitsplätze in der konventionellen und in der ökologischen Landwirtschaft ins Haus.
Ökologie & Landbau erscheint ab Heft 173 in neuem Layout. Dieses hat den Schwerpunkt „Grünes Geld“ und informiert über alternative Finanzierungsmöglichkeiten in der Landwirtschaft (Crowdfunding, Urban Farming und Sharing Economy).
Stiftung Ökologie und Landbau: Ökologie & Landbau, Heft 172, 60 S., Einzelheft 10,30 EUR (Abo 4 Hefte 33,70 plus Versand), oekom Verlag, München
Linktipp: Das AgrarBündnis ist ein unabhängiger, überparteilicher und überkonfessioneller Zusammenschluss von derzeit 24 unabhängigen Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt-, Natur- und Tierschutz sowie Verbraucher- und Entwicklungspolitik.
Text: Bernd Hüttner. Foto © Tina Melnik (Motiv: Pascal Küthe, Schafhalter in Nordrhein-Westfalen). Aus dem Buch Siegel (Hrsg.): Der Bauer und das liebe Vieh. Menschen aus der Landwirtschaft erzählen von der Beziehung zu ihren Tieren (Münster 2014)
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