Auch die Schaffer wollen anscheinend nicht mehr von gestern sein und – falls die Gerüchte zutreffen – wollen die Herren am Freitag – Valentinstag (!) – zum letzten Mal unter sich bleiben, beim traditionellen Schaffermahl im Bremer Rathaus. Nach vielen Diskussionen und der originellen Geleit-Demo im vergangenen Jahr (s. Foto oben, die GLUCKE hatte auch berichtet), wurde der öffentliche Druck auf eine der letzten rein männlichen Veranstaltungen (neben der Bremer Eiswette), bei der sich jährlich Kaufleute, Kapitäne und deren Gäste zum ausgiebigen Mahl treffen, wohl zu groß. So konnte sich die Bremer Frauenbeauftragte Ulrike Hauffe im Interview bei Radio Bremen darüber freuen, dass ab 2015 nach 470 Jahren wohl zum ersten Mal auch Frauen mit in der Oberen Rathaushalle sitzen und sich damit „nicht der traditionelle Ablauf, aber das Klima ändern werden“. Und vor allem können dadurch auch Frauen neue Business-Netzwerke knüpfen, denn darum geht es doch vor allem beim „ältesten Brudermahl“ der Welt. Und das ist wirklich ein wichtiger Schritt zu mehr Gleichberechtigung und Gerechtigkeit. Update: Wie wir gerade vernommen haben: Alles bleibt beim Alten, die Schaffer wollen doch lieber unter Männern bleiben. Die Präsidiumssitzung des Vereins Seefahrt hat sich (mal wieder) n i c h t für eine Satzungsänderung ausgesprochen.
“ 1 billion rising“ – Globales Tanz-Event für mehr Gerechtigkeit
Ab 16.00 Uhr (also gleichzeitig zum Schaffermahl) wird es am Freitag auf dem Bremer Marktplatz eine Tanz-Demo gegen Gewalt an Frauen geben. „One billion rising for justice“ heißt das globale Tanz-Event, das die Aufmerksamkeit besonders darauf lenken möchte, dass Täter von Gewalt an Frauen in vielen Fällen nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Schon im vergangenen Jahr bei der Premiere von „one billion rising“ haben viele Millionen Menschen in 207 Ländern mitgetanzt, in Deutschland gab es Flashmobs in mehr als 200 Städten. Forderungen der Aktion in diesem Jahr sind ein gesetzlich verankerter Rechtsanspruch für Betroffene von häuslicher und sexualisierter Gewalt auf Schutz und Unterstützung, für eine verbindliche materielle Grundsicherung und einen gesicherten Aufenthalts-Titel, z.B. bei Frauen mit Migrationshintergrund. Außerdem soll endlich die diskriminierende Darstellung von Frauen und Männern in den Medien gestoppt werden. Wer sich auf den „Break the Chain“-Tanz eingrooven möchte, kann das per Video auf YouTube.
Update II: Und hier die Stellungnahme der Bremer Frauenbeauftragten vom 14.2.2014 zur Entscheidung, Frauen doch nicht zum Schaffermahl zuzulassen:
„Was die Schaffer sich derzeit leisten, kann ich nur noch als peinlich bezeichnen“, kommentiert Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe die heute (14.02.2014) stattfindende Schaffermahlzeit, bei der unter den geladenen Gästen erneut keine Frauen sind. „Mit ihrem Aussitzen der Frauenfrage macht sich Haus Seefahrt lächerlich“, so Hauffe über das Verhalten des Ausrichters der Schaffermahlzeit in der Frage, endlich auch Frauen zu der Traditionsveranstaltung einzuladen. Laut Medienberichten vom Januar hatten sich die Schaffer angeblich dazu durchgerungen, im kommenden Jahr erstmals auch Frauen einzuladen. Diese Meldungen waren seitens Haus Seefahrt nicht kommentiert worden. In der Generalversammlung von Anfang der Woche wurde das Thema offenbar nicht abschließend behandelt.
„Das Hin und Her der Schaffer wäre ja vor allem lustig, wenn nicht eine solche Ignoranz aus ihrem Verhalten spräche: Nicht nur der Bürgermeister hat die Schaffer öffentlich aufgefordert, endlich Frauen einzuladen. Auch das Parlament hat per Bürgerschaftsbeschluss eindringlich appelliert, Frauen zur Schaffermahlzeit zuzulassen. Hierauf schlicht nicht zu reagieren, ist dreist und missachtend“, erklärt die Landesfrauenbeauftragte, „regionale und überregionale Medien kommentieren die Betonköpfigkeit der Schaffer nicht erst dieses Jahr kopfschüttelnd. Das kann niemand wollen, dem Bremen am Herzen liegt.“ Die in Medien immer wieder zitierte angeblich notwendige Drei-Viertel-Mehrheit der Schaffer-Gremien, die erzielt werden müsse, um Frauen einzuladen, hält Hauffe für eine Nebelkerze: „Laut Aussage des Verwaltenden Vorstehers Michael Schroiff von 2009 sind laut Verfassung von Haus Seefahrt Frauen von der Schaffermahlzeit nicht ausgeschlossen, es gebe hier keine geschlechtsspezifischen Bestimmungen. Sie könnten es also einfach tun.“
Foto: © Heike Mühldorfer / GLUCKE