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#legende: Picasso, seine Frauen und mehr

Picasso_im_Buchregal_©Conny_WischhusenNoch bis zum 22. Juni 2014 läuft die Ausstellung „Sylvette, Sylvette“ in der Bremer Kunsthalle, über die kurze, aber intensive Schaffensphase Pablo Picassos, als er in Vallauris an der Côte d’Azur die junge Sylvette David kennenlernte. Sie verkörperte das Schönheitsideal der Zeit – hochgewachsen mit langem blondem Haar – und inspirierte den Maler zu einer Serie von Porträtdarstellungen. Conny Wischhusen hat für unser „Picasso“-Special mal nach den Beziehungen Picassos zu den Fraue geforscht.

Der Dichter Jean Cocteau fühlte sich „elektrisiert“, als er ihn kennen lernte, Modeschöpferin Coco Chanel geriet bei seinen Blicken „ins Zittern“. Seine Enkelin Marina beschreibt ihn dagegen als selbstsüchtiges Monster, das seine Familie und vor allem die Frauen stets gedemütigt und ausgenutzt habe: „Er war ein Genie, aber ein herzloses.“ Die Rede ist von Pablo Picasso (1881-1973), der am 25. Oktober vor 125 Jahren im südspanischen Málaga zur Welt kam. In einem sind sich jene, die ihn geliebt und jene, die ihn gehasst haben, aber einig: Er war einer der größten Maler des 20. Jahrhunderts. Bis an sein Lebensende experimentierte Picasso mit immer neuen Techniken. Er habe die Kunstwelt völlig auf den Kopf gestellt, meint der spanische Schriftsteller Manuel Vicent, der ihn als ein „Dämon der Malerei“ beschreibt. „Er erfand neue Formen, die Wirklichkeit zu sehen und stieg dafür in Abgründe herab, die in die Hölle führten. Dort wurde Picasso König.“ (1)

Es gibt Hunderte von Büchern über Picasso und seine verschiedenen Phasen, Themen und Stile: Picasso und die Stiere, Picasso und der Krieg, Picasso und der Kubismus, etc. Und es gibt Picasso und die Frauen. Man sagt, dass bei Picasso jede neue Frau auch eine neue künstlerische Phase eingeleitet hat. Es gibt die Blaue, die Rosa, die kubistische Phase und so weiter. Man könnte unzählige weitere Stile nennen, aber ich stelle mir die Frage: Warum waren die Frauen im Leben Picassos so wichtig? Was war es, was bei Picasso jeweils eine neue Phase eingeleitet hat und wie kam es dazu? Hier eine kleine Aufstellung der wichtigsten Frauen in Picassos Leben:

Picasso_Stammbaum

Neue Frau, neuer Stil!

Während der Beziehungen veränderten sich Stil und Werke Picassos auffällig: Mit Fernande Olivier als Partnerin steuerte Picasso durch die Rosa und Blaue Periode sowie den Anfang des Kubismus, Eva Gouel inspirierte ihn wohl zu Collagen, Olga Kokhlova, seine erste Ehefrau, porträtierte er häufig und malte oft Mutter-und-Kind-Bilder, während der Beziehung mit Marie-Therese Walter werden eckige Formen runder und die Farben weicher außerdem arbeitet Picasso vermehrt an Skulpturen, die Zeit mit Dora Maar prägten exzentrische Porträts ebenso wie Bilder weinender Frauen und vom Krieg. Während der Beziehung mit Francoise Gilot, die Mutter von Claude und Paloma Picasso, prägen Töpfereien und Blumenporträts sein Werk. Die zweite Ehefrau Jaqueline Roque inspiriert den Ausnahmekünstler zu klassischen Bilder und Porträts sowie erotischen Zeichnungen und Gemälden.

Genial, aber herzlos

Picasso ließ sich von den Frauen inspirieren. Er brauchte und benutze sie. Und wenn er sie nicht mehr wollte, nahm er sich einfach eine neue. Es ist so als wenn ein Bild fertig ist, man den Pinsel mit der Farbe auswäscht und das Bild dann in die Ecke stellt und ein Neues beginnt. Manchmal beginnt man auch ein neues Bild zu malen, bevor das alte fertig ist. Picasso war mit mehreren Frauen auf einmal liiert und spielte sie gegeneinander aus. Die Reaktionen der Frauen hat er dann zu neuen Bildern oder anderen Werken verarbeitet oder sie haben ihn inspiriert. 

Fast alle Frauen haben eins gemeinsam, nämlich von Picasso verlassen worden zu sein. Bis auf eine. Francoise Gilot war selbstbewusst genug, selber Künstlerin und konnte ihren eigenen Weg gehen. Doch musste sie aus Frankreich wegziehen, weil Picassos Einfluss auf die Kunst, die Kunsthändler und die Presse so hoch war, dass sie in Frankreich niemals Anerkennung hätte finden können. Sie veröffentlichte ihre Memoiren unter dem Titel „Leben mit Picasso“. Das Buch wurde trotz eines Rechtsstreites mit Picasso veröffentlicht. Er wollte die Veröffentlichung gerichtlich verhindern. Dora Maar war Künstlerin, Fotografin und anerkannt in der Kunstwelt. Doch nach der Trennung von Picasso wurde sie depressiv, zog sich vom Leben zurück und starb sehr einsam mit 80 Jahren. Marie-Therese Walter erhängte sich in der Garage ihres Hauses. Jaqueline Roque erschießt sich nach seinem Tod am Abend einer Ausstellung zu Ehren Picassos. Auch Picassos Sohn Claude hat Selbstmord begangen.

Vielfältige Inspirationsquellen

Einfluss auf seine Arbeit hatte natürlich auch die Kunst der anderen. Da waren seine Künstlerkollegen Braque, Matisse, Dali, etc., die ihn zum Arbeiten anregten. Durch Cézanne wurde er angeregt und entwickelte dann begeistert von afrikanischen Masken, den Kubismus zur gleichen Zeit wie Braque. Aber eben immer wieder waren seine neuen Frauen die Auslöser und größte Inspiration für ihn. Manchmal war es auch nur ein bestimmter Gesichtsausdruck, eine Haarfarbe, oder ein Kleidungsstück, manchmal ein Bericht in der Zeitung, eine Sendung im Fernsehen die Picassos Aufmerksamkeit fesselten. Er fand Dinge, die auf der Straße lagen und nahm sie mit nach Hause. Man denke z.B. an den Fahrradlenker, aus dem der „Stierkopf“ von 1942 entstand. Picasso war Spanier. Das war wohl eines seiner größten Inspirationsquellen überhaupt, denn was wäre Picassos Kunst ohne den Stierkampf. Alle diese verschiedenen Quellen zusammen machten Picasso aus. Er war extrem experimentierfreudig und neugierig auf die Welt. Er ließ keine Kunstsparte aus. Ob Malerei, Druckgrafik, Keramiken, Skulpturen, Gedichte, Theater… und Frauen…. das alles war seine Welt. Aber genau das machte Picasso zu einem der größten Maler und Künstler der Kunstgeschichte überhaupt. Menschlich gesehen war er vielleicht ein Herrscher und Intrigant, aber künstlerisch eben ein Genie. Ich glaube wenn man nicht diese extremen Grenzen sucht, kann man nicht zu solchen Leistungen und künstlerischen Wandlungen und Meisterwerken fähig sein. Wie sagt man doch so schön: Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander.

Text und Foto: Conny Wischhusen, 2014

Außerdem in unserem Special: #kulturaktuell: Picassos Muse Sylvette

(1)  aus: © stern.de: Pablo Picasso: „Herzloses Genie“, Jörg Vogelsänger/DPA, 25. Oktober 2006